Kategorie: Theologiegeschichte des 20. Jh.
§ 10 "...was mich unablässig bewegt": Wer ist "Christus für uns heute"? Zu Dietrich Bonhoeffers Weg und Werk
Dietrich Bonhoeffer ist heute der auf der ganzen Welt am meisten bekannte, gelesene und zitierte evangelische Theologe des 20. Jahrhunderts. Seine Bücher, Schriften und Texte sind in fast alle Sprachen der Welt übersetzt. Jeder Zettel, den er hinterlassen hat, ist in die 17-bändige deutsche und englische Ausgabe seiner Werke aufgenommen worden. Noch immer wird etwas gefunden, was im Bonhoeffer-Jahrbuch veröffentlicht wird. Die Literatur zu seinem Leben und Werk ist kaum noch überschaubar. Es ist darum durchaus die Frage, ob wir Bonhoeffer nicht als einen Theologen des 21. Jahrhunderts beurteilen müssen.
Die Internationale Bonhoeffer-Gesellschaft mit vielen Sektionen in vielen Ländern bemüht um die ständige Aktualisierung von Bonhoeffers Theologie. Auf Post- und Spruchkarten, Kalendern und Plakaten werden „Sinnsprüche“ von ihm verbreitet. Es gibt nicht nur in Deutschland viele Bonhoeffer-Gemeinden- Heime, -Kindergärten, -Schulen, -Krankenhäuser, -Straßen und -Plätze. Mehrere Biographien wurden geschrieben und ein Spielfilm gedreht. Es entstehen immer neue Dokumentarfilme. Ein Bonhoeffer-Oratorium wurde komponiert. Das Lied „Von guten Mächten…“ ist über 50 Mal vertont werden.
Wenn eine Pfarrerin oder ein Pfarrer Bonhoeffer zitiert, dann ist das schon als solches so etwas wie ein Wahrheitsbeweis. Man nennt Bonhoeffer einen „Heiligen“ der evangelischen Kirche, eine „Lichtgestalt“, einen „Propheten“ usw. Auf dem Relief mit Skulpturen der Märtyrer des 20. Jahrhunderts im Eingang von Westminster Abby in London steht er in einer Reihe mit denen, die im Eintreten für das Zeugnis von Jesus Christus ihr Leben geopfert haben.
Der Grund für die Bedeutung, die Bonhoeffer überall auf der Welt hat, ist klar. Es geht hier nicht nur um ein theologisches Werk an sich, sondern um ein Werk, das in ganz außergewöhnlicher Weise von Bonhoeffers Leben und durch seinen Tod beglaubigt ist.
1. Stationen des Weges
1.1. Jugend - Studium – Abschluss der Ausbildung (1906-1931)
04.02.1906: Geburt mit Zwillingsschwester Sabine als Sohn des Psychiatrieprofessors Karl Bonhoeffer und seiner Ehefrau Paula geborene von Hase in Breslau
1912: Umzug nach Berlin
1923-1928: Theologiestudium in Tübingen und Berlin
1927 Dissertation „Sanctorum communio“
1928: Vikariat in Barcelona
1929: SS: Assistent in Berlin
1930: Habilitation „Akt und Sein“ (veröffentlicht 1931)
1930: 2. Theologisches Examen
05.09.1930-20.06.1931: Auslandsstipendiat am Union Theological Seminary (New York
23/24.07.1931: Besuch bei Karl Barth in Bonn
1.2. Berlin (1931-1933)
01.10.1931: Studentenpfarrer an der TU in Berlin
02. 11.1931: Vorlesungsbeginn an der Berliner Fakultät
15.11.1931: Ordination in der Matthäuskirche Berlin: „Stadtvikar im Hilfsdienst“, Konfirmandengruppe Zionskirchengemeinde
01.-05.09.1931: Tagung des Weltbundes für die Freundschaftsarbeit der Kirchen in Cambridge, Jugendsekretär, Schriftführer der ökumenischen Mittelstelle
01.01.1932: 3 Monate Wohnung in der Oderberger Straße
932: „Bekehrungserfahrung“: Die Bergpredigt, der „christliche Pazifismus“
1933. „Schöpfung und Fall“
01.02.1933: Rundfunkvortrag: „Wandlungen des Führerbegriffs in der jungen Generation“
Juni 1933: Aufsatz: „Die Kirche vor der Judenfrage“
August 1933: „Der Arier-Paragraph und die Kirche“
15.-25.08.1933: Arbeit am „Betheler Bekenntnis“ in Bethel
12.09.: Gründung des „Pfarrernotbundes“
17.10.1933: Beginn des Auslandspfarramtes in London
1.3. London (1933-1935)
21.11.1934: Erster Besuch bei Bischof Bell von Chichester
Mai 1934: Indienplan
10. Mai 1934 Bischof Bells Himmelfahrtsbotschaft
23.- 30. August 1934: Tagung des Weltbundes für die internationale Freundschaftsarbeit der Kirchen und des Ökumenischen Rates für Praktisches Christentum (For Life and Work) auf der dänischen Nordseeinsel Fanø
05.11. 1934: Lossagung der deutschen Gemeinden in London von der Reichskirchenregierung
10.03.1935: Abschiedspredigt in London
März 1935: Besuche im anglikanischen Kloster Kelhem und bei der „Community of Resurrection“ in Mirfield
16.-24.02.1937: Tagung der Jugendkommission des Weltbundes in London, Rücktritt vom Amt des Jugendsekretärs
1.4. Finkenwalde (1935-1937)
05.04.1935: Rückkehr nach Deutschland
26.04.1935: Eröffnung des Predigerseminars der Bekennenden Kirche in Pommern auf dem Zingsthof (Rügen) mit Bonhoeffer als Direktor
24.06.1935: Umzug nach Finkenwalde (Stettin),
04.11.1935: Beginn des 2. Kurses, Gründung des „Bruderhauses“, Freundschaft mit Eberhard Bethge und Ruth von Kleist-Retzow aus Klein-Krössin
12.11.1935: WS 1935/36 letzte Vorlesung an der Berliner Universität: „Nachfolge“
29. 02.-10. 03. 1936: Reise mit dem Seminar nach Dänemark und Schweden
05.08.1936: Entzug der Lehrerlaubnis an der Berliner Universität
11.09.1937: Ende des 5.Kurses in Finkenwalde
28.09.1937: Finkenwalde von der Gestapo geschlossen
1.5. Die Sammelvikariate und das Ende von Bonhoeffers Dienst in der Bekennenden Kirche (1937-1940)
05.12.1937: Beginn der Sammelvikariate in Köslin und Groß-Schlönwitz (später Sigurdshof) – Bonhoeffers Wohnsitz Schlawe; zuständiges Wehrmeldeamt
11.01.1938: Aufenthaltsverbot für Berlin (Ausnahme: Elternbesuch)
11.-13.06.1938: 6. Synode der Bekennenden Kirche der Altpreußischen Union in Berlin: Treueid auf den Führer
11.08.1938: Bonhoeffers Protest
1939: „Gemeinsames Leben“
10.03.1939: Treffen mit Bischof Bell und Willem A. Visser’t Hooft London
25.03.1939: Brief an Bischof Bell: Absicht, Deutschland wegen der allgemeinen Wehrpflicht zu verlassen.
02.06.-08.07.1939: Aufenthalt in den USA
13.-25.07.1939: Aufenthalt in London bei Familie Leibholz
04.08.1939: Weiterarbeit in den Sammelvikariaten
01.09.1939: Überfall auf Polen, Beginn des 2. Weltkrieges
18.03.1940: Sigurdshof von der Gestapo geschlossen
1.6. Im Widerstand (Oktober 1940 – April 1943)
05.06.1940: Musterung
06.06.1940: Beginn der Visitationen in Ostpreußen
22.08.1940: Deutschlandweites Redeverbot „wegen volkszersetzender Tätigkeit“
04.09.1940: Meldepflicht in Schlawe
16.09. 1940: Freistellung zur wissenschaftlichen Arbeit, Beginn des Schreibens an der „Ethik“ in Klein-Krössin
30.10.1040: Zuordnung als V-Mann zur militärischen Abwehr in der Dienststelle München; Beteiligung an der militärischen Verschwörung gegen Hitler
Begründungen für diese Beteiligung:
- Dem Massenmord an den Juden und dem Massensterben der Völker im Krieg ein Ende zu bereiten.
- Die einzige Macht, die nach dem Attentat auf Hitler in der Lage gewesen wäre, Deutschland zu regieren, war das Militär. Bonhoeffer sollte seine ökumenischen Verbindungen nutzen, um das Ausland auf den Umsturz vorzubereiten.
- Wenngleich Bonhoeffer der Meinung war, dass die Kirche auch gegenüber dem NS-Staat zum Gehorsam aufrufen müsse, schloss das für ihn nicht aus, dass Einzelne das „Wagnis“ auf sich nehmen können, „auf eigene Verantwortung hin“ und im Bewusstsein, „Schuld“ auf sich zu laden, den Sturz der einer menschenmörderischen „Obrigkeit“ ins Auge fassen (DBW 16, 523).
- Die außerordentliche Notsituation, wie sie durch die Nazi-Herrschaft geschaffen wurde, kann einen Menschen veranlassen, aus dem „Bereich des Prinzipiell-Gesetzlichen, des Normalen, des Regulären“ herauszutreten und sich für ein „durch kein Gesetz gebundene[s]“ Handeln zu entscheiden (DBW 16, 272). Die Not bricht dann das Gebot und veranlasst dazu, in „freier Verantwortlichkeit“ die „ultima ratio“ eines gesetzlosen Handelns zu wagen (vgl. DBW 16, 273).
- Wer das tut, kommt ins Zwielicht.: „Wir sind stumme Zeugen böser Taten gewesen, wir sind mit vielen Wassern gewaschen, wir haben die Künste der Verstellung und der mehrdeutigen Rede gelernt, wir sind durch Erfahrung mißtrauisch gegen die Menschen geworden und mußten ihnen die Wahrheit und das freie Wort oft schuldig bleiben, wir sind durch unerträgliche Konflikte mürbe oder vielleicht sogar zynisch geworden – sind wir noch brauchbar“? (DBW 8, 38)
17.11.1940: Aufenthalt in Kloster Ettal; Arbeit an der „Ethik“, theologischer Austausch mit den Benediktinern.
24.02.-24.03.1941: Erste Schweizer Reise, Begegnung mit Karl Barth und Willem A. Visser’t Hooft (Generalsekretär des ÖRK)
April – August 1941: Arbeit an der Ethik in Berlin, Klein-Krössin und München
28.08.-26.9.1941: Zweite Schweizer Reise; mit Willem A. Visser’t Hooft: Stellungnahme zu William Patons Schrift „The Church and the new order in Europa“ (vgl. DBW 16, 536-541)
Oktober 1941 – April 1942: Arbeit an der Ethik in Berlin, Kieckow und Klein-Krössin
10.-18.04. 1942 Reise nach Norwegen mit Helmuth James Graf von Moltke (Initiator des Kreisauer Kreises!)
12.-26.05.1942: Dritte Schweizer Reise, Lektüre von Karl Barths KD II/2
30.05.-02.06.1942: Treffen mit Bischof Bell von Chichester in Sigtuna (Schweden) – Information über die Pläne des Widerstandes
26.06.-10.07.1942: Italienreise
09.10.1942: in Freiburg Anstoß zur Freiburger Denkschrift: „Politische Gemeinschaftsordnung. Ein Versuch zur Selbstbesinnung des christlichen Gewissens in den politischen Nöten unserer Zeit“
30.09. 1942: „Unternehmen 7“, 14 Juden als V-Leute in die Schweiz geschleust – Ermittlung der Gestapo gegen das Amt Canaris wegen Devisenunregelmäßigkeiten beim „Unternehmen 7“
24.12.1942: Text „Nach zehn Jahren“
13.01.1943: Verlobung mit Maria von Wedemeyer
05.04. 1943: Verhaftung durch die Militärgerichtsbarkeit unter Mitwirkung der Gestapo und Einlieferung in das Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis Berlin-Tegel;
1.7. Die Haft und das Ende (05. April 1943 – 9. April 1945)
21.09.1943: Anklageschrift Vorwurf: Wehrkraftzersetzung
Brief an Eberhard vom 30.04.1944: „Was mich unablässig bewegt, ist die Frage, was das Christentum oder auch wer Christus heute für uns eigentlich ist“ (DBW 8, 402); Beginn der Überlegungen zu einem „religionslosen Christentum“
20. 07 1944: Scheitern des Attentats auf Adolf Hitler
21.07.1944: Brief an Eberhard Bethge: „Ich erfahre es bis zur Stunde, daß man erst in der vollen Diesseitigkeit des Lebens glauben lernt. Wenn man völlig darauf verzichtet hat, aus sich selbst etwas zu machen, […] dann wirft man sich Gott ganz in die Arme, dann nimmt man nicht mehr die eigenen Leiden, sondern das Leiden Gottes in der Welt ernst, dann wacht man mit Christus in Gethsemane und ich denke, das ist Glaube, das ist μετάνοια, und so wird man ein Mensch, ein Christ“ (DBW 8542).
21.09.1944: Zossener Aktenfund
02.10.1944: Aufgabe des Fluchtplans
8.10.1944: Verlegung in Gestapo-Haft in der Prinz-Albrecht-Straße
1912,1944: Brief an Maria von Wedemeyer: Ich habe „ mich noch keinen Augenblick allein und verlassen gefühlt. Du, die Eltern, Ihr alle, die Freunde und Schüler im Feld, ihr seid mir immer ganz gegenwärtig. Eure Gebete und guten Gedanken, Bibelworte, längst vergangene Gespräche, Musikstücke, Bücher bekommen Leben und Wirklichkeit wie nie zuvor. Es ist ein großes, unsichtbares Reich, in dem man lebt und an dessen Realität man keinen Zweifel hat. Wenn es im alten Kinderlied von den Engeln heißt ‚zweie, die mich decken, zwei, die mich wecken‘, so ist diese Bewahrung am Abend und am Morgen durch gute, unsichtbare Mächte etwas, was wir Erwachsenen heute nicht weniger brauchen als die Kinder“ (Brautbriefe, 208).
07.02.1945: Abtransport in das KZ Buchenwald
03.04.1945: Abtransport nach Regensburg und Schönberg im Bayerischen Wald
08.04.1945: Überführung in das KZ Flossenbürg, Standgericht
09.04.1945: Hinrichtung
Die letzten Worte, die uns von Dietrich Bonhoeffer überliefert sind, sind ökumenische Grüße. Bonhoeffer hat sie dem englischen Geheimdienstoffizier Pain Best aufgetragen, als er aus Schönberg abgeholt wurde. Sie lauten: „Wollen Sie diese Botschaft von mir dem Bischof von Chichester ausrichten: Sagen Sie ihm, dass dies für mich das Ende ist, aber auch der Anfang. Mit ihm glaube ich an den Grund unserer universalen christlichen Bruderschaft, die sich über alle nationalen Hassgefühle erhebt, und daß unser Sieg gewiß ist – sagen Sie ihm, daß ich nie seine Worte bei unserer letzten Begegnung vergessen habe“ (DBW 16, 468).
„Nach Zehn Jahren“ (DBW 8, 35): „Es ist unendlich viel leichter, im Gehorsam gegen einen menschlichen Befehl zu leiden, als in der Freiheit eigenster verantwortlicher Tat. Es ist unendlich viel leichter, in Gemeinschaft zu leiden als in Einsamkeit. Es ist unendlich viel leichter, öffentlich und unter Ehren zu leiden, als abseits und in Schanden. Es ist unendlich viel leichter, durch den Einsatz des leiblichen Lebens zu leiden, als durch den Geist. Christus litt in Freiheit, in Einsamkeit, abseits und in Schanden, an Leib und Geist, und seither viele Christen mit ihm.“
2. Die ökumenische Friedenstheologie im Geist der „Nachfolge“
Bonhoeffers Engagement für die Ökumene gehört zum Profil seiner theologischen Existenz. Denn eine Kirche kann in der Orientierung am Friedensgebot Jesu Christi nie bloß eine nationale Größe sein. Indem sie alles Nationale im Geiste des Gebotes Jesu Christi relativiert, ist sie eine ökumenische, Grenzen überschreitende Kirche, die im pacem facere ihr Wesen hat.
Bonhoeffer hat darum am 26. Juli 1932 auf der internationalen Jugendfriedenskonferenz in Ciernohorské Kúpele gefordert, dass die ökumenische Christenheit den nächsten Krieg ächten muss (Zur Theologischen Begründung der Weltbundarbeit, DBW 11, 341). Er hat der ökumenischen Bewegung jener Zeit vorgeworfen, dass sie keine Theologie besäße, die sie dazu befähigt. Sie verfolge ohne Vollmacht (DBW 11, 328) nur menschenmögliche Ziele
Die ökumenische Bewegung muss anfangen, den Frieden im Gehorsam gegen das Gebot Christi zu wagen. Denn Krieg ist eine gegen Christus gerichtete Dämonie. Darum ist der Christenheit „jeglicher Kriegsdienst, es sei denn Samariterdienst, und jede Vorbereitung zum Krieg verboten“ (Christus und der Friede [1932], DBW 12, 234)von Gott verboten.
Bei der Tagung des Weltbundes für die internationale Freundschaftsarbeit der Kirchen und des Ökumenischen Rates für Praktisches Christentum am 23.-30.08.1934 auf der Nordseeinsel Fanø hat Bonhoeffer in seiner „Friedensrede“ („Kirche und Völkerwelt“) „ein ganzes Wort, ein mutiges Wort, ein christliches Wort“ zum Frieden gefordert (DBW 13, 301). „Die Stunde eilt – die Welt starrt in Waffen und furchtbar schaut das Mißtrauen aus allen Augen, die Kriegsfanfare kann morgen geblasen werden – worauf warten wir noch“ (ebd.)?
Für zwei Passagen dieser Rede hat Bonhoeffer nur Stichpunkte notiert, die er im mündlichen Vortrag frei ausgeführt hat. 1) „Gideon [...] des Volkes ist zuviel, das mit dir ist [...] Gott vollzieht hier selbst die Abrüstung“. 2) „M. Claudius: ‚Was nützt mir Kron und Land und Volk und Ehr,/ die können mich nicht freun – /‚’s ist leider Krieg im Land und ich begehr / nicht schuld daran zu sein’“ (DBW 13, 301).
Bonhoeffer nimmt hier einerseits eine Predigt auf, die er in Berlin drei Wochen nach der Machtergreifung“ Hitlers gehalten hat (vgl. DBW 12, 447-457). Gideon soll alle seine Krieger nach Hause schicken, alle Sicherungsmaßnahmen fahren lassen und Gott allein den Sieg über die Midianiter zutrauen. „Leg deine Waffen ab, ich bin deine Waffe, leg deinen Panzer ab, ich bin dein Panzer, leg deinen Stolz ab, ich bin dein Stolz“, sagt Gott durch Gideon der Kirche heute (DBW 12, 453). Der Kirche aber fehlt der Mut dazu, sich von Gott entwaffnen zu lassen und das heißt, zu glauben. Der Mut des Glaubens ist der Boden, auf dem allein Friede gedeiht.
Die andere Einfügung zitiert ungenau das „Kriegslied“ von Matthias Claudius. Es beginnt mit dem Aufschrei: „’s ist Krieg! ’s ist Krieg! O Gottes Engel wehre,/ Und rede du darein!“/‘s leider Krieg – und ich begehre/ nicht schuld daran zu sein“. Der Dichter hat die Schreckensvision, dass all die Erschlagenen, Verstümmelten, sich im Todeskampfe Wälzenden, die „tausend tausend Väter, Mütter, Bräute“, die von Hunger, Seuchen und Nöten Heimgesuchten anklagend aufstehen und zu seiner Ehre (d.h. zu seiner Schande) „von einer Leich’ herab“ „krähen“. Und dann heißt es: „Was hülf’ mir Kron’ und Land und Gold und Ehre?/ Die könnten mich nicht freun!/ ’s ist leider Krieg – und ich begehre/ nicht schuld daran zu sein.“ – Bonhoeffer hat mit diesem Gedicht die Schrecken des Krieges vor Augen gemalt. Krieg ist ein „fürchterliches Morden“ (DBW 10, 647). Millionen Unschuldiger und am Konflikt Unbeteiligter werden dahingemäht (Predigt zum Volkstrauertag 1932, DBW 11, 404). Ein solcher Krieg, besonders der sog. „moderne Krieg“, kann von niemand verantwortet werden. Alles, was der Krieg lehrt, lautet „Christus ist tot“ (DBW 11, 404).
In seiner „Friedensrede“ hat Bonhoeffer Psalm 85, 9 ausgelegt: „Ach, dass ich hören sollte, was der Herr redet, dass er Frieden zusagte seinem Volk“. Gott sagt, dass Friede ist, „weil Christus in der Welt ist“ (DBW 13, 299), der Versöhner der Menschheit. Er sagt, dass die Kirche (!) der Christus praesens ist und dass die „Brüder in Christus“ deshalb nicht die Waffen gegeneinander richten können, weil sie „damit die Waffen auf Christus selbst“ richten (DBW 13, 300). Darum halten sie sein Gebot, dass Friede sein soll auf Erden in „unbedingtem“, Bonhoeffer sagt leider auch in „blindem Gehorsam“ (DBW 13, 298).
Frieden muss gewagt werden! Er kann nicht gesichert werden; nicht durch die „Investierung internationalen Kapitals in den verschiedenen Ländern“, nicht „durch die Großbanken!“ Nicht durch eine „allseitige friedliche Aufrüstung“ (DBW13, 300). „Friede ist das Gegenteil von Sicherung“. Die Christenheit wagt ihn, indem sie sich ganz dem Gebot Christi ausliefert, bereit ist, zu leiden und es darauf ankommen lässt, „betend und wehrlos und darum bewaffnet mit der allein guten Wehr und Waffen den Angreifer“ zu empfangen (ebd.).
Der einzelne Christenmensch vermag das nicht. Er wird „erdrückt von der Gewalt des Hasses“ (DBW 13, 301). Aber die weltweite Christenheit hat ein anderes Gewicht. Sie muss das eine „große ökumenische Konzil der Heiligen Kirche Jesu Christi” ins Leben zu rufen. Ein solches Konzil alleine vermag das Wort vom Frieden so zu sprechen, dass die Welt es „zähneknirschend [...] vernehmen muß und daß die Völker froh werden, weil diese Kirche Christi ihren Söhnen im Namen Christi die Waffen aus der Hand nimmt (Gideon!) und ihnen den Krieg verbietet (!) und den Frieden Christi ausruft über die rasende Welt“ (ebd.).
Auf der Konferenz von Fanø waren Bonhoeffers Friedenstheologie, die als „schwärmerisch“ galt, und die Forderung nach einem Konzil nicht mehrheitsfähig. Nur die Jugendkonferenz hat sich für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ausgesprochen und damit das „Nein“ zum Krieg wieder der Entscheidung des Einzelnen zugeschoben. Auch Bonhoeffer selbst hat die Forderung eines Friedenskonzils nicht wieder aufgenommen, als er 1937 das theologische Konzept, welches seine Friedenstheologie trug, in dem Buch „Nachfolge“ veröffentlicht hat.
Der erste Hauptteil der „Nachfolge“ besteht hauptsächlich in einer Auslegung der Bergpredigt. Sowohl die Seligpreisung der Friedfertigen (Mt 5, 9) wie Jesu Radikalisierung des Tötungsverbotes (Mt 5, 21f.) werden so verstanden, dass die einzelnen Jünger „Stifter göttlichen Friedens mitten in einer Welt des Hasses und Krieges“ (DBW 4, 108) sind. Bonhoeffer wehrt sich auch dagegen, dass der Gewaltverzicht, den Jesus gebietet, das Amt der Obrigkeit untergrabe, mit „Gewalt […] dem Einbruch des Bösen zu widerstehen“ (DBW 4, 137). „Wehrlosigkeit“ kann nicht das „Prinzip“ dieses „Amtes“ der sein. Einem „unverantwortlichen Phantasieren von Gesetzen, denen die Welt nicht gehorcht“ und das der „Ordnung der Welt“ durch Gott widerspricht, darf nicht Raum gegeben werden (DBW 4, 139).
Das aber hebt die Wahrheit nicht auf, dass das Böse nur überwunden wird, indem es sich an der Wehrlosigkeit „totlaufen muß“, d.h. es „wird darin ohnmächtig, daß es keinen Gegenstand, keinen Widerstand findet, sondern willig getragen und erlitten wird“ (DBW 4, 135). Der Jünger Jesu soll „leidend das Böse zu seinem Ende bringen und so den Bösen überwinden. Das willige Leiden ist stärker als das Böse, es ist der Tod des Bösen“ (DBW 4, 136). Diese Einsicht bleibt wahr, weil sie die „Überwindung des Bösen durch Erleiden“ im Kreuz Jesu Christi beschreibt! „Im Kreuz allein ist es wahr und wirklich, dass die Vergeltung und Überwindung des Bösen die leidende Liebe ist.“ Es kann darum „keine andere Rechtfertigung“ des „Gebotes Jesu geben als sein eigenes Kreuz“ (DBW 4, 139).
Fast alles, was Bonhoeffer vom Gehorsam gegenüber den Geboten Jesu Christi sagt, mündet darin, dass Christus die Seinen zum Leiden befähigt. Das aber ist nicht das „Normale“. Es ist das „Außerordentliche“ (das περισσόν, Mt 5, 47) eines Lebens und Weges der „Selbstverleugnung, völliger Liebe, völliger Reinheit, völliger Wahrhaftigkeit, völliger Gewaltlosigkeit“ (DBW 4, 148). „Wo dies Sonderliche, Außerordentliche nicht ist“, sagt Bonhoeffer in der ihm eigenen Radikalität, „da ist das Christliche nicht“ (DBW 4, 147). Oder auch: „Wer sein Kreuz nicht auf sich nehmen will, wer sein Leben nicht zum Leiden und zur Verwerfung durch die Menschen geben will, der verliert die Gemeinschaft mit Christus, der ist kein Nachfolger“ (DBW 4, 82).
Im zweiten Teil der „Nachfolge“, der von der Kirche Jesu Christi“ in der Nachfolge handelt, wird dementsprechend die Gemeinschaft der Glieder der Gemeinde mit dem Leiden Christi ganz stark hervor gekehrt. In „der Kraft seines Leidens gibt“ Jesus Christus „denen, die sich der Gemeinschaft seines Leibes nicht schämen, die unermeßliche Gnade, […] für ihn‘ leiden zu dürfen“ (DBW 4, 235). Indem sie so an die Gemeinschaft des Leidens Christi teilhaben, sind sie frei von der Welt und ihren Ansprüchen an sie. Sie gebrauchen die Welt zwar, aber sie hängen ihr Herz nicht an sie (vgl. 1 Kor 7, 7). Sie ist „Fremdlingsgemeinde“ (DBW 4, 266). Bonhoeffer kann darum zustimmend die 5 Strophe von Christian Friedrich Richters Lied „Es glänzet der Christen inwendiges Leben“ zitieren:
„Sie wandeln auf Erden und leben im Himmel,
Sie bleiben ohnmächtig und schützen die Welt;
sie schmecken den Frieden bei allem Getümmel,
sind arm, doch sie haben, was ihnen gefällt.
Sie stehen im Leiden und bleiben in Freuden,
Sie scheinen ertötet den äußeren Sinnen
und führen das Leben des Glaubens von innen.“
Vom Engagement für die Welt, von dem Bonhoeffers „Friedensrede“ geprägt ist, ist hier wenig zu spüren. Es geht um die Reinheit des christlichen Lebens in der Nachfolge Jesu Christi. Man versteht darum, warum dieses am meisten rezipierte Buch Dietrich Bonhoeffers besonders dort geschätzt wird, wo man mit einem wahrhaft christlichen Leben ernst machen will.
Besonders Bonhoeffers Plädoyer für die „teure Gnade“ im Unterschied zur „billigen Gnade“, gilt als Einübung eines wahren christlichen Lebens in der Gemeinde. „Billige Gnade ist der Todfeind unserer Kirche“, lautet der erste Satz der „Nachfolge“. Er wird so erläutert:
„Billige Gnade heißt Gnade als Schleuderware, verschleuderte Vergebung, verschleuderter Trost, verschleudertes Sakrament. […] Gnade ohne Preis, ohne Kosten […] Billige Gnade heißt Gnade als Lehre, als Prinzip, als System. […] Billige Gnade ist Predigt der Vergebung ohne Buße, ist Taufe ohne Gemeindezucht, ist Abendmahl ohne Bekenntnis der Sünden, ist Absolution ohne persönliche Beichte. Billige Gnade ist Gnade ohne Nachfolge, Gnade ohne Kreuz, Gnade ohne den lebendigen, menschgewordenen Jesus Christus“ (DBW 4, 29f.).
Demgegenüber heißt „teure Gnade“: „Teuer ist sie, weil sie dem Menschen das Leben kostet, Gnade ist sie, weil sie ihm so erst das Leben schenkt; teuer ist sie, weil sie den Sünder verdammt, Gnade ist sie, weil sie den Sünder rechtfertigt. Teuer ist sie vor allem darum, weil sie Gott teuer gewesen ist, weil sie Gott das Leben seines Sohnes gekostet hat“ (DBW 4, 31).
Darum gilt wohl der Satz: „Nur der Glaubende ist gehorsam.“ Aber es gilt auch seine Umkehrung „nur der Gehorsame glaubt“ (DBW 4, 52).
Doch leider hat Bonhoeffer das Thema des Friedenskonzils in der „Nachfolge“ nicht mehr aufgenommen. Doch die Real-Vision von der Offensive der im Geschenk des Friedens Gottes begründeten Gewaltlosigkeit der weltweiten Christenheit ist damit sicherlich nicht erschöpft.
Bonhoeffer hat in den Gefängnisbriefen die „Gefahren” deutlich angesprochen, die sein Konzept der „Nachfolge“ in sich barg. Sie bestanden in der Absonderung des christlichen Lebens vom weltlichen Leben, des Überspringens des „Vorletzten“ und der Überbetonung des Leidens, von dem Bonhoeffer gesagt hat, er habe in jener Zeit viel zu „wichtig und feierlich“ davon geredet (DBW 8, 356).
3. Die Ethikfragmente: „Wegbereitung und Einzug“
„Die Ethik“ Bonhoeffers gibt es nicht, sondern nur einige unterschiedliche Fragmente und dazu Arbeiten, die sich mit dem Thema der Ethik berühren, aber gar nicht für dieses Buch vorgesehen waren. Es lassen sich aber Grundmuster seines ethischen Denkens erkennen.
3.1. Die Christuswirklichkeit als Basis ethischen Denkens
Im Ethikfragment „Christus die Wirklichkeit und das Gute“ (DBW 6, 31-61) geht Bonhoffer von der „Wirklichkeit“ des Guten in der Christusoffenbarung aus. Das „Problem der christlichen Ethik“ ist demnach „das Wirklichwerden der Offenbarungswirklichkeit Gottes in Christus unter seinen Geschöpfen“ (DBW 6, 34).
Die „Offenbarungswirklichkeit“ ist die Einheit von Gott und Mensch (Welt) im wahren Gott und wahren Menschen Jesus Christus. In ihr sind Gott und Welt versöhnt, so dass die „Wirklichkeit Gottes nie ohne die Wirklichkeit der Welt und die Wirklichkeit der Welt nie ohne die Wirklichkeit“ Gottes erfahren werden kann (DBW 6, 41). „Es gibt nicht […] zwei Räume, sondern nur den einen Raum der Christuswirklichkeit, in dem Gottes- und Weltwirklichkeit miteinander vereinigt sind“ (DBW 6, 43f.). Es gibt darum „kein wirkliches Christsein außerhalb der der Wirklichkeit der Welt und keine wirkliche Weltlichkeit außerhalb der Wirklichkeit Jesu Christi“ (DBW 6, 47). „Alles wäre verdorben, wollte man Christus für die Kirche aufbewahren. […] Christus ist für die Welt gestorben, und nur mitten in der Welt ist Christus Christus“ (DBW 6, 53). Weltverantwortung, d.h. Eintreten für eine mit Gott versöhnte Welt, gehört darum unausweichlich zum Christsein.
Im Fragment „Ethik als Gestaltung“ (DBW 6, 62-90), fasst Bonhoeffer die Frage, wie die Offenbarungswirklichkeit bei uns wirklich werden kann, als Frage danach, „wie Christus unter uns heute und hier Gestalt gewinne“ (DBW 6, 87) oder wie die Welt ihm „gleichgestaltet“ werden kann. Er versteht dabei Jesus Christus in drei Dimensionen seiner Wirklichkeit, nämlich als Mensch gewordenen Gott, als Gekreuzigten und als Auferstandenen.
„Gleichgestaltet mit dem Menschgewordenen – das heißt wirklicher Mensch zu sein (DBW 6, 81). „Schein, Heuchelei, Krampf, Zwang, etwas anderes, besseres, zu sein als man ist, ist hier abgetan“ (DBW 6, 82). Ein wirklicher Mensch ist „weder ein Gegenstand der Verachtung noch der Vergötterung, sondern ein Gegenstand der Liebe Gottes“ (DBW 6, 81).
„Gleichgestaltet mit dem Gekreuzigten – das heißt von Gott gerichteter Mensch sein zu sein“ (DBW 6, 82). „Er kann sich über keinen anderen Menschen erheben oder sich ihm zu Vorbild setzen; denn er erkennt sich als den größten aller Sünder“ (ebd.).
„Gleichgestaltet mit dem Auferstandenen – das heißt vor Gott ein neuer Mensch zu sein“, „der mit Jesus Christus in unvergleichlicher Liebe und Gemeinschaft geeint ist“ (DBW 6, 83).
Bonhoeffer hat hier die christliche Gemeinde als das „Stück Welt“ verstanden, in dem ein solches Gestaltwerden Jesu Christi schon Wirklichkeit ist und von der die Einladung an die nicht-christliche Welt ausgeht, sich in dieses Gestalt-Werden Christi hinein ziehen zu lassen.
3.2. Das Letzte und das Vorletzte
Im Ettaler Ethikfragment geht Bonhoeffer von der Rechtfertigung sündiger Mensch allein aus Gnade als „letztes Wort“ aus. Mehr als ein vor Gott gerechtfertigtes Leben gibt es nicht“ (DBW 6, 140). Es verdankt sich alleine Gott und bricht alle Wege ab, die Menschen sich zu Gott bahnen möchten. Doch der Mensch gewordene Gott, der Gekreuzigte und Auferstandene verneint das „Vorletzte“ nicht, sondern bejaht es. Darum begründete das Letzte das Vorletzte.
„Das Vorletzte muss um des Letzten willen gewahrt bleiben“ und ihm „den Weg bereiten“ (DBW 6, 152). Alle „Wegbereitung“ bricht zwar ab, wenn der Letzte kommt. Aber die, die vom Letzten her leben, haben einen „Auftrag von unermeßlicher Verantwortung. Der Hungernde braucht Brot, der Obdachlose Wohnung, der Entrechtete Recht, der Vereinsamte Gemeinschaft, der Zuchtlose Ordnung, der Sklave Freiheit“. Es wäre eine „Lästerung Gottes“, dies zu unterlassen (DBW 6, 155). Christus bringt das Vorletzte zu Ehren, wenngleich es niemals zum „Letzten“ werden kann. Darum gilt: „Was an Menschlichem und Guten in der gefallenen Welt gefunden wird, gehört auf die Seite Jesu Christi“ (DBW 6, 161).
Das Vorletzte ist das „Natürliche“ als das Geschöpfliche, aber auch als das von der Sünde Korrumpierte. Dementsprechend werden die die Phänomene und Konflikte des „natürlichen Lebens“ daraufhin befragt, inwiefern sie der vom „Letzten“ in Kraft gesetzten Geschöpflichkeit von Menschen entsprechen und zur „Wegbereitung“ dienen können und inwiefern sie das nicht tun. Was der „Wegbereitung“ dienlich ist, wird in als das „Natürliche“ verstanden, während das Christus als das Widersprechende als das „Unnatürliche“ gilt (DBW 6, 169).
Wie Bonhoeffer von daher die konkreten Probleme und Konflikte der Bewahrung des Lebens von der Geburt bis zum Sterben beurteilt hat, muss einer kritischen Prüfung unterzogen werden und kann heute keinesfalls unbesehen als Direktive für die Christenheit in den Konflikten unserer Zeit in Anspruch genommen werden,
3.3. Verantwortungsethik
In der zweiten Fassung des Fragments „Die Geschichte und das Gute“ arbeitet Bonhoeffer die „Struktur verantwortlichen Lebens“ heraus, das vier Merkmale hat:
Erstens: Stellvertretung. Alles Leben ist stellvertretendes Leben. Das ist begründet im Leben Jesu Christi „in der „Hingabe […] an den anderen Menschen“ (DBW 6, 258). Selbstlose Hingabe charakterisiert darum auch alles verantwortliche Handeln.
Zweitens: Wirklichkeitsgemäßheit. „Der Verantwortliche ist an den konkreten Nächsten in seiner konkreten Wirklichkeit gewiesen.“ (DBW 6, 260). Sein Verhalten entsteht in der „gegebenen Situation“. Es ist „christusgemäßes Handeln“ (DBW 6, 262), welches „niemals aus den Augen läßt, daß die Welt in Jesus Christus geliebt, gerichtet und versöhnt ist“ (DBW 6, 263). Der „Wirkliche“ – Jesus Christus – ist ein Ereignis. Dementsprechend erschließt sich von ihm her die die Welt in ihrer geschöpflichen Begrenztheit „jeweils neu“. Die Verantwortlichkeit besteht darin, dass von daher konkret zu entscheiden ist, wie gehandelt werden muss.
Dieses Handeln muss „sachgemäß“ sein, d.h. es muss dem „Wesensgesetz“ in alle Dingen wie den Gesetzen von Wissenschaft, Technik, Wirtschaft usw. gerecht werden. Das Geltendmachen einer „Sache“ darf nie von ihrer Dienlichkeit für die Menschen isoliert werden. „Die Isolierung der Person von der Welt der Dinge ist […] nicht christlich“ (DBW 16, 557).
Drittens: Schuldübernahme. Vgl. hierzu 1.6
Viertens: Freiheit. Im verantwortlichen Handeln ist Freiheit kein Gegensatz zum Gehorsam gegenüber Gottes Gebot. „Gehorsam ohne Freiheit ist Sklaverei, Freiheit ohne Gehorsam ist Willkür. Der Gehorsam bindet die Freiheit, die Freiheit adelt den Gehorsam“. (DBW 6, 288). Der verantwortliche Handelnde steht also in der Spannung zwischen Gehorsam und Freiheit. Als „Gebundener“ wagt er „in Freiheit zu handeln“ und – mit Luther gesprochen – sogar „neue Dekaloge“ zu schaffen (DBW 6, 288f.).
3.4. Die vier Mandate Jesu Christi
Der Begriff des „Mandates“ („Auftrag“, „Befehl“) ist die Übersetzung des griechischen ἐντολή (vgl. Joh. 14,34). Er wird im Unterschied zu den νόμοι des Dekalogs für die die spezifischen Gebote Jesu Christi verwendet.
Bonhoeffer ersetzt mit dem Begriff des „Mandates“ Christi den Begriff der „Schöpfungsordnungen“, um das „Zuständliche“ des Ordnungsbegriffs zu vermeiden (vgl. „Das konkrete Gebot und die göttlichen Mandate“, DBW 6, 393). „Mandate“ sind Aufträge Jesu Christi an Personen zur Ordnung der Gesellschaft. Sie sind „von oben her in die Welt hineingesenkt als Gliederungen [...] der Christuswirklichkeit“ (DBW 6, 394). Das sind die Arbeit (später ersetzt durch „Kultur“), die Ehe, die Obrigkeit und die Kirche (DBW 6, 54). Sie geben der Gesellschaft eine „durch ein klares Oben und Unten bestimmte […] Ordnung“ (DBW 6, 395).
„Die Träger des Mandats sind nicht Beauftrage von unten, Vollstrecker, Exponenten menschlicher Willensbildungen, sondern im strengen, unabdingbaren Sinne Beauftragte, Stellvertreter, Platzhalter Gottes“ (DBW 6, 394). Das Mandat Christi begründet darum ein „irdische Autoritätsverhältnisse“, in denen die Obrigkeit, der Mann in der Ehe, die Eltern in der Familie, die Dienstherren bei der Arbeit und die Amtsträger in der Kirche „oben“, die Untertanen, die Frau, die Kinder, die Arbeitnehmer, die Gemeindeglieder aber unten sind.
Ekklesiologisch führt das zu einer strammen Amtstheologie. Christi Mandat setzt in der Kirche „ein klares Gegenüber von Oben und Unten. Oben ist das Amt der Verkündigung, unten die hörende Gemeinde […]. Der Prediger ist Exponent Gottes gegenüber der Gemeinde“. Der Gemeinde kommt „Glauben, Beten, Dienen“ zu, nicht die Schriftauslegung. Denn die Schrift gehört dem Predigtamt. „Sie ist in ihrem Wesen nicht ein Erbauungsbuch der Gemeinde“ (DBW 6 401). „Der Griff nach der heiligen Schrift von seiten des einzelnen Christen oder einer Gruppe von Christen unter Berufung […] auf die Mündigkeit im Glauben“ führt zu „Übermut Unordnung, Aufruhr und geistliche(r) Verwirrung“ (DBW 6, 402).
Strukturell ähnlich argumentiert Bonhoeffer in der Staatslehre (vgl. DBW 16, 506-535). Er lehnt den Begriff „Staat“ ab, der „von unten“ begründet wird. Es gehe im Neuen Testament um die „Obrigkeit“. Obrigkeit aber ist „von Gott geordnete Vollmacht, weltliche Herrschaft in göttlicher Autorität auszuüben. Obrigkeit ist Stellvertretung Gottes auf Erden“ (DBW 16, 507). Sie hat einen „göttlichen Charakter“. Deshalb gibt es selbst bei schuldhaftem Verhalten der Obrigkeit „kein Recht auf Revolution“ (DBW 16, 532). Die Kirche kann in Ausübung ihres Auftrages nicht zum Ungehorsam gegen eine solche „Obrigkeit“ aufrufen.
Im Gutachten über „Staat und Kirche“ befürwortet Bonhoeffer eine monarchische Staatsform, d.h. ein „recht verstandenes Gottesgnadentum der Obrigkeit“, in der „ihr göttlicher Ursprung am hellsten durchscheint“ (DBW 16, 534f.). Für ein demokratisches Staatsverständnis ist Bonhoeffer Anschauung von den „Mandaten“ deshalb nicht in Anspruch zu nehmen.
Das theologische Problem der Mandatenlehre ist der nicht-christologische Stellvertretungsbegriff. Während die Stellvertretung Jesu Christi alle Menschen in ein verantwortliches Leben im gemeinsamen Eintreten für andere einweist, begründet die Anschauung von den „Stellvertretern Gottes“ autoritäre Herrschaftsverhältnisse in der Gesellschaft. Bonhoeffer teilt hier auch das Ressentiment gegen einen demokratischen Gesellschaftsaufbau, der im Deutschen Widerstand verbreitet war. Seine Mandatenlehre muss heute von Barmen 2 und 4 her mit der Verantwortlichkeit aller für die Institutionen einer demokratischen Gesellschaft überwunden werden.
4. Jesus Christus und die religionslose Welt
Bonhoeffer beginnt mit seiner „neuen Theologie“, in der er sich dem Problem der Religionslosigkeit zuwandte, mit der Feststellung: „Wir gehen einer völlig religionslosen Zeit entgegen. Die Menschen können einfach, so wie sie nun einmal sind, nicht mehr religiös sein“ (DBW 8, 403). Unter der Voraussetzung, dass Religion nur „eine geschichtliche bedingte und vergängliche Ausdrucksform des Menschen“ ist, fragt er: „Wie kann Christus auch der Herr der Religionslosen werden“? (DBW 8, 404).
A. Was ist Religion? Bonhoeffer antwortet:
a) Metaphysik, d.h. der Versuch, Gott an den Grenzen des menschlichen Daseins als Grund des Menschseins und als Lösung der Probleme des Menschseins zur Geltung zu bringen. Gott wird so zum „Lückenbüßer“, zu einem Stück prolongierter Welt, zur „Arbeitshypothese“, die heute überflüssig ist (DBW 8, 413, 557)
b) Innerlichkeit; Gott wird zur individuellen Erfahrung des Lebens, die des Menschen Privatangelegenheit ist. Dass er der Herr der Welt ist, gerät in Vergessenheit.
c) Partialität; Religion spart einen Teil der Welt aus, in dem Gott in seiner Macht erfahren wird und helfen soll.
Metaphysik, Innerlichkeit und Partialität der Religion haben nicht wesentlich mit Christus zu tun. Religion in diesem Sinne darf darum – wie vergleichsweise die Beschneidung – nicht zur Bedingung des Heils gemacht werden. Es ist darum die Frage, ob es ein Christentum ohne diese Religion geben kann.
B. Was ist das Charakteristikum der religionslosen Welt? Bonhoeffer antwortet:
Die Autonomie bzw. die Mündigkeit dieser Welt (vgl. DBW 8, 476ff.). „Es zeigt sich, dass alles auch ohne 'Gott' geht und zwar ebenso gut wie vorher. Ebenso wie auf wissenschaftlichem Gebiet wird im allgemeinen menschlichen Bereich 'Gott' immer weiter aus dem Leben zurückgedrängt, er verliert an Boden“ (DBW 8, 477).
Der christliche Glaube bejaht die Mündigkeit der Welt und versucht sie nicht durch Apologetik und Polemik „madig“ zu machen. Das ist „sinnlos“, „unvornehm“ und „unchristlich“ (DBW 8, 478). Auch die Christenheit muss – mit der Formulierung von Hugo Grotius – in der Welt leben etsi deus non daretur – auch wenn es Gott nicht gäbe (DBW 8, 530).
Bonhoeffer hat die Sinnkrise der mündigen Welt nicht übersehen. In der Auslegung der 1. Tafel der zehn Gebote“ vom Juni/Juli 1944 heißt es: „Uns ist die Welt entgöttert, wir beten nichts mehr an. Wir haben die Hinfälligkeit und Nichtigkeit aller Dinge, aller Menschen und unsrer selbst zu deutlich erlebt, als dass wir sie noch zu vergöttern vermöchten. Wir sind am ganzen Dasein zu irre geworden, als dass wir noch fähig wären, Götter zu haben und anzubeten. Wenn wir noch einen Götzen haben, so ist es vielleicht das Nichts, das Auslöschen, die Sinnlosigkeit“ (DBW 8, 644). Demgegenüber gilt: „Die mündige Welt muß [...] besser verstanden werden als sie sich selbst versteht!“ (DBW 8, 480). Bonhoeffer will an ihren besten Sinn anknüpfen, der auch gegen die faktisch hoch problematische Religionslosigkeit zur Geltung zu bringen ist.
Die Bejahung der „religionslosen“, „mündigen“ Welt gründet im Kreuz Jesu Christi, wie besonders der Gefängnisbrief 16.7.1944 darlegt:
„Wir können nicht redlich sein, ohne zu erkennen, dass wir in der Welt leben müssen - 'etsi deus non daretur'. Und eben dies erkennen wir – vor Gott! Gott selbst zwingt uns zu dieser Erkenntnis. So führt uns unser Mündigwerden zu einer wahrhaftigeren Erkenntnis unserer Lage vor Gott. Gott gibt uns zu wissen, dass wir leben müssen als solche, die mit dem Leben ohne Gott fertig werden. Der Gott, der mit uns ist, ist der Gott, der uns verlässt (Markus 15,34)! Der Gott, der uns in der Welt leben läßt ohne die Arbeitshypothese Gott, ist der Gott, vor dem wir dauernd stehen. Vor und mit Gott leben wir ohne Gott. Gott läßt sich aus der Welt herausdrängen ans Kreuz, Gott ist ohnmächtig und schwach in der Welt und gerade und nur so ist er bei uns und hilft uns. Es ist Matth.8, 17 ganz deutlich, dass Christus nicht hilft kraft seiner Allmacht, sondern kraft seiner Schwachheit, seines Leidens!“ (DBW 8, 533).
Christinnen und Christen müssen in der Welt ohne Gott d.h. ohne die Inanspruchnahme der Macht Gottes (!) für weltliche Probleme, leben, Als deus ex machina verlässt uns Gott. Das heißt aber nicht, dass wir damit Gott gänzlich los sind. Als Menschen, die etsi deus non daretur leben müssen, stehen sie vor Gott. Es ist ein weltlich gesehen ohnmächtiger Gott. Dennoch ist er in dieser Ohnmacht bei uns und hilft uns. Wie geschieht das? Antwort: Im Teilnehmen Leiden Gottes in einem echt weltlichen Leben (vgl. DBW 8, 535).
Die, die an Christus glauben, werden nicht zu einer neuen Religion aufgerufen, sondern zu einem Leben in echter Weltlichkeit. In dieser Weltlichkeit leben sie in eigener Verantwortlichkeit für andere. So leben sie „religionslos“ (ohne Metaphysik, ohne Privatisierung des Glaubens, ohne Partialität) von Gott her, der an der Welt für uns leidet. Sie funktionalisieren Gott nicht. Sie nehmen an der Schwäche Gottes teil, indem sie auf diesen Versuch verzichten.
Die „religionslose Interpretation biblischer Begriffe“ meint demnach, dass die biblischen Grundaussagen darauf zielen, uns die echte Weltlichkeit eines Lebens vor Gott und für andere Menschen einzuprägen. Sie sollen in ihrer Dynamik auf diese Existenz zu entdeckt werden. Sie führen nicht in einen separaten Raum von Religion, in dem die Kirche sich vor der Welt abschließt (vgl. hierzu den Entwurf für eine Arbeit, DBW 8, 556 - 561). Die Kirche muss sich von den „Lastern der Hybris, der Anbetung der Kraft und des Neides und des Illusionismus“ befreien (DBW 8, 560) und „Kirche für andere“ werden. d.h. sie muss„alles Eigentum die Notleidenden schenken. Die Pfarrer müssen ausschließlich von den freiwilligen Gaben der Gemeinde leben, eventuell einen weltlichen Beruf ausüben. Sie muss an den weltlichen Aufgaben des menschlichen Gemeinschaftslebens teilnehmen, nicht herrschend, sondern helfend und dienend“ (ebd.)
Die Inanspruchnahme von Bonhoeffers Verständnis der „Kirche für andere“ durch unsere über das ganze Land verbreitete, „reiche“ Flächenkirche ist ebenso abseitig wie die Forderung der Abschaffung der Kirchensteuern durch den Dietrich-Bonhoeffer-Verein.
Das Problem von Bonhoeffers Überlegungen ist, dass sie den Verkündigungs- und Zeugnisaufgabe der Gemeinden zu marginalisieren scheinen, wenngleich Bonhoeffer auch hervorhebt: „Die Kirche muss den Menschen aller Berufe sagen (!), was ein Leben mit Christus ist (ebd.). Dieses Sagen geschieht jedoch nicht nur durch Begriffe, sondern durch Vorbild. Dadurch gewinnen die Worte erst Nachdruck und Kraft (DBW 8, 561).
Bonhoeffer bindet hier die Dimension des Bezuges des Glaubens auf die Transzendenz Gottes mit dem Überschreiten auf die „kleinen Transzendenzen“ in der Immanenz zusammen. Die Anderen sind für jeden Menschen Transzendente, auf die sie Gottes Transzendenz weist.
Man kann Gotteserfahrung im Sinne Bonhoeffers nicht auf die Erfahrung von Mitmenschlichkeit reduzieren, wie das 1964 der Bischof John A.T.Robinson behauptet hatte (Gott ist anders. Honest to God – von Karl Barth „Plattfußtheologie“ genannt). Drei Gesichtspunkte sollten demgegenüber den theologischen Umgang mit Bonhoeffers unabgeschlossenen Überlegungen in den Gefängnisbriefen leiten:
Zum Ersten bleibt es für jede christliche Gemeinde unabdingbar, in der Beziehung zu dem uns entzogenen, aber in seiner Unsichtbarkeit wirklichen Gott zu leben. Alles verliert im Dasein der Kirche seinen Sinn, wenn die Gottesbeziehung, die Jesus Christus gewährt, nicht mehr der Lebensquell der Kirche ist, wenn zu Gott nicht mehr gebetet werden kann. „Beten und Tun des Gerechten“ war für Bonhoeffer das Charakteristikum der „Kirche für andere“.
Ob sich die Kirche mit ihrer Verkündigung eine Zeit lang ins „Arkanum“ zurück zu ziehen habe, um nicht Missverständnisse ihrer Botschaft zu erzeugen, muss kritisch gefragt werden. Bonhoeffer aber hat gehofft, dass nach dieser Zeit im „Arkanum“ der Tag kommen werde,
„an dem wieder Menschen berufen werden, das Wort Gottes so auszusprechen, dass sich die Welt darunter verändert und erneuert. Es wird eine neue Sprache sein, vielleicht ganz unreligiös, aber befreiend und erlösend, wie die Sprache Jesu, [...] die Sprache einer neuen Gerechtigkeit und Wahrheit, die Sprache, die den Frieden Gottes mit den Menschen und das Nahen des Reiches verkündigt“ (DBW 8, 436).“
Zum Zweiten: Bonhoeffers Frage nach einem „religionslosen“, „weltlichen“ Christentum ist durch und durch christologisch motiviert „Wir müssen uns immer wieder sehr lange und sehr ruhig in das Leben, Sprechen, Handeln, Leiden und Sterben Jesu versenken, um zu erkennen, was Gott verheißt und was er erfüllt“, heißt es im Brief zum Geburtstag von Eberhard Bethge vom 21.8.1944 (DBW 8, 572). Das Reden von Jesus Christus ist der Weg, auf dem die Gemeinde die religionslose Welt zu Gott hin in Bewegung bringen möchte Denn: „Wenn die Erde gewürdigt wurde, den Menschen Jesus Christus zu tragen, [...] dann und nur dann hat es für uns Menschen einen Sinn zu leben. Hätte Jesus nicht gelebt, dann wäre unser Leben trotz aller anderen Menschen, die wir kennen, verehren und lieben, sinnlos“ (DBW 8, 573).
Von solchen Aussagen her muss man den Vorwurf des „Offenbarungspositivismus“ verstehen, den Bonhoeffer gegen Karl Barth erhoben hat (vgl. DBW 8, 404f.; 415). Er besagt, dass Barth der religionslosen Welt nur eine unverstehbare Offenbarungslehre vorsetzen wolle, die sie nach der Melodie „Friß Vogel oder stirb“ zu fressen hätte (vgl. ebd.). Dieser Vorwurf ist zu einem grundlegenden Dissens zwischen Bonhoeffer und Barth aufgebauscht worden. Doch hier handelt es sich höchstens um eine Frage der Art und Weise, die Welt mit Jesus Christus bekannt zu machen. Gerade in den Gefängnisbriefen argumentiert Bonhoeffer noch christologisch konsequenter als Barth selbst. Es ist nicht richtig, mit jenem Aufbauschen der Kritik Bonhoeffers an Barth Bonhoeffers eindeutigen christologischen Ansatz zu Grunde zu richten.
Zum Dritten fordern Bonhoeffers theologische Wertungen der „Religionslosigkeit“ dazu heraus, das Verständnis der „Religion“ in ihrer Beziehung auf die transzendente Wirklichkeit Gottes weiter zu klären. Man kann Bonhoeffers durchgehende Beziehung auf Gott mit einem weiter gefassten Religionsbegriff als seinem eignen natürlich „religiös“ nennen. Er bezieht sich auf die Anwesenheit Gottes in der Erfahrung des Glaubens. Diese „Religionslosigkeit“ aber fixiert sich auf die weltliche Abwesenheit des uns unverfügbaren Gottes. Ihr erkennt Bonhoeffer ihr Recht zu, aber er hält das mit der Anwesenheit Gottes zusammen, so dass die Erfahrung der Abwesenheit Gottes nicht in eine Leugnung seiner Anwesenheit abdrifen knn. Gott ist dem Glauben an ihn als „Abwendender anwesend“ (Gerhard Ebeling).
„Religion“, die nur an Gottes Anwesenheit orientiert ist, verfehlt den Gott des christlichen Glaubens ebenso wie die „Religionslosigkeit“ in ihrer Orientierung an der Abwesenheit Gottes, wodurch er ihr zum Nichts wird. Also kommt es darauf an, das Anliegen der Religion wie das Anliegen der „Religionslosigkeit“ zusammenzuhalten.
Bonhoeffers Gedicht „Christen und Heiden“, prägt dieses Zusammenstimmen von „Religion“ und „Religionslosigkeit“ ein (DBW 8, 515):
„Menschen gehen zu Gott in ihrer Not
flehen um Hilfe, bitten um Glück und Brot,
um Errettung aus Krankheit, Schuld und Tod.
So tun sie alle, Christen und Heiden.“
(Das ist „Religion“.)
„Menschen gehen zu Gott in seiner Not,
finden ihn arm, geschmäht, ohne Obdach und Brot,
sehen ihn verschlungen von Sünde, Schwachheit und Tod.
Christen stehen bei Gott in seinem Leiden.“
(Das ist die Erfahrung von Christinnen und Christen, denen Gott in seinem Leiden begegnet.)
„Gott geht zu allen Menschen in ihrer Not,
sättigt den Leib und die Seele mit seinem Brot,
stirbt für Christen und Heiden den Kreuzestod
- und vergibt ihnen beiden.“
Gottes Bewegung zu allen Menschen schließt die, die sich in der Bewegung der Religion in der Suche nach Gottes Anwesenheit und in einem religionslosen Christentum im Stehen zu Gottes Abwesenheit von Gott entfernt haben, in seiner Wirklichkeit in die Einheit der Vergebung zusammen. Hier ist nicht einer besser als der andere. In der Angewiesenheit auf Gott werden sie vielmehr beide aus der Einseitigkeit ihres Gottesverständnisses herausgeholt und in der Bewegung auf Gott zu in die solidarische Begegnung miteinander geführt. Verteufelung der Welt, die Gott vergessen hat und von sich her Gott fern ist, kommt darum für den christlichen Glauben nicht in Frage. Es gilt vielmehr, selbst in der Ferne der Menschen von Gott – Gottes Nähe bei ihnen zu entdecken.
Das bleibt der Impuls, der von Bonhoeffers Gefängnisbriefen auf die Theologie und die Kirche auch heute ausgeht. In der Erkenntnis Jesu Christi wird gerade die religionslose, ja die gottesvergessene Welt als die Welt entdeckt, die dem versöhnenden Gott nicht entzogen ist. Von ihr trennt uns keine Kluft, wenn wir an Gott glauben. Sich um das Beste zu bemühen, was diese Welt charakterisiert, ist darum die unabweisbare Aufgabe der Theologie bzw. des Daseins der Kirche in der Realität ihrer Gemeinden.
5. Gottes Hand und Führung
Wir wollen unserer Beschäftigung mit der Theologie Dietrich Bonhoeffers abschließen, indem wir noch einmal in aller Kürze auf sein Leben blicken bzw. auf den ganz persönlichen Glauben, der dieses Leben getragen hat. Da stehen wir angesichts dessen, was er von einem „religionslosen Christentum“ gesagt hat, auf den ersten Blick vor einem widersprüchlichen Sachverhalt. Bonhoeffer war nämlich der Meinung, dass sein Leben unmittelbar von Gott geführt werde. „Gottes Hand und Führung ist mir so gewiß, dass ich hoffe, immer in dieser Gewißheit bewahrt zu werden. Du darfst nie daran zweifeln, daß ich dankbar und froh den Weg gehe, den ich geführt werde“ (DBW 8, 576), schreibt er am 23.08.1944 aus Gefängnis an Eberhard Bethge. Es ist die Zeit nach dem Scheitern des Attentats auf Hitler, die Zeit also zu befürchtender akuter Bedrohung seines Lebens mit dem Tode durch den Strang. Wie kann sich da die Gewissheit bilden oder erhalten, von Gottes „Hand“ „geführt“ zu sein? Wofür ist ein Mensch, der einen solchen Weg im Todesschatten gehen muss, in einer solchen Situation eigentlich „dankbar und froh“? Und vor allem: Wie verträgt sich das mit seiner Meinung, dass wir zu leben hätten „etsi Deus non daretur“ und Gott nicht mit seiner Macht in den Nöten unseres Lebens in Anspruch nehmen sollen?
Das Problem ist, dass es auf diese Frage eigentlich keine theologisch reflektierte Antwort bei Bonhoeffer gibt, jedenfalls keine, die in der christologischen Zentrierung alles seines Denkens verankert ist. Die Vorstellung von der „Führung“ Gottes, von der z.B. unser Gesangbuch voll ist, gehört ja eigentlich in die Schöpfungslehre, genauer in die Lehre von der gubernatio als Dimension Vorsehung Gottes. Bonhoeffer hat das auch gewusst.
Er schreibt z.B. an seine Braut: „Es ist mir gewiß, daß hier eine besondere Führung Gottes über mir waltet. Die Art, wie wir uns gefunden haben und der Zeitpunkt so kurz vor meiner Verhaftung sind mir deutliche Zeichen dafür; es ging wieder einmal „hominum confusione et Dei providentia“ (Brautbriefe 38). Er empfiehlt Maria, doch ein Lied von Gottfried Arnold lesen, das er „ganz besonders liebe“ (54). Dieses Lied trägt die Überschrift „Der beste Führer“ und rühmt Gottes Weisheit und kluge Führung ganz im Stile der traditionellen Vorsehungslehre.
Bonhoeffer schreibt in diesem Sinne: „Alles wird schön und gut werden zu der Stunde, die er dafür ersehen hat. Freue Dich mit mir drauf.“ (153). Die Ungewissheit im Blick auf die Zukunft kann nur durch „Treue und Geduld und durch unsere Unterwerfung unter Gottes Willen und Führung überwunden“ werden (169). Denn Gott macht „unsere Pläne immer wieder zunichte, aber doch nur, um seine besseren Pläne mit uns durchzusetzen“ (170). Sogar dass die „wilde Leidenschaft“ in dieser Beziehung gefehlt hat und dass jetzt nur eine Kommunikation mit Briefen möglich ist, wird damit begründet, dass dies „an dem Weg“ lag, „den wir geführt worden sind“ (199). Und darum schreibt Bonhoeffer zu der gleichen Zeit, aus der jene eingangs zitierte Äußerung an Eberhard Bethge stammt: „Laß uns nie an dem irre werden, was uns widerfährt; es kommt alles aus guten, guten Händen“ (202).
Ich gehe jetzt nicht der Frage nach, woher Bonhoeffer dieses Vertrauen auf die Führung Gottes hat. An erster Stelle ist natürlich an die Bibel zu denken, worauf die Metapher von Gottes „Hand und Führung“ aus Psalm 139, 9f. verweist: „Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort Deine Hand mich führen und Deine Rechte mich leiten.“ Wir können auch an Bonhoeffers Beeindruckung von Martin Luther denken, der – wie Bonhoeffer schon als Student in seinen Seminararbeiten heraus gearbeitet hat – ganz stark von der Führung seines Lebens durch Gott überzeugt war. Schließlich könnte es sich hier auch um ein Element aus der liberalen Theologie handeln, durch deren Schule Bonhoeffer bei Adolf von Harnack gegangen ist. Sie erinnern sich an Harnacks Vorlesung über das „Wesen des Christentums“, in denen wir lesen: Indem Jesus den „Vorsehungs-Gedanken lückenlos über Menschheit und Welt ausbreitet, [...] hat er die tastenden und stammelnden Versuche der Religion in Kraft gesetzt und zum Abschluß gebracht“ (Wesen, 101).
Orientieren wir uns an dem, was Bonhoeffer selbst über Gottes Führung seines Lebens sagt, so erkennen wir fünf Motive dafür:
Erstens: Dass wir von Gott geführt werden, erkennen wir aus unserer Vergangenheit. „Mein vergangenes Leben ist übervoll von Gottes Güte“, heißt es weiter in dem eingangs zitierten Brief. Bonhoeffer denkt dabei vor allem an die Menschen, denen er begegnet ist und die sein Leben reich gemacht haben. In diesem Sinne erinnert er auch in der Traupredigt für Renate und Eberhard Bethge daran, wie sie durch ihre Familien und Freunde geborgen waren. „Ihr wißt selbst“, folgert er daraus, „daß sich ein solches Leben kein Mensch aus eigener Kraft schaffen und nehmen kann, sondern daß es dem einen gegeben wird, dem anderen versagt bleibt, und das ist es erst, was wir Gottes Führung nennen“. „Gottes Wille und Weg“ hat „euch hierher geführt“ (DBW 8, 74).
Ganz in diesem Sinne schreibt Bonhoeffer auch in seinen Rundbriefen an die „Brüder“ im Felde. Alles, was zur Dankbarkeit für ein gewesenes Leben veranlasst, kann als Zeichen dieser Führung Gottes verstanden werden kann, selbst wenn es mit einem solchen Tod im Krieg geendet hat. In der ziemlich problematischen Trauerpredigt für Hans-Friedrich von Kleist-Retzow über Spr 23, 26 („Gib mir mein Sohn, Dein Herz, und lass Deinen Augen meine Wege wohl gefallen“) heißt es dementsprechend: Der Weg, den Gott ihn bis zum Tode geführt hat, muss ein „guter Weg“ heißen, weil Gott ihn auf diese Weise „zu sich geführt“ hat. Darum können auch wir ihn uns wohl gefallen lassen (vgl. DBW 16, 644-648).
Zweitens: Wo Gott führt, führt er zu sich. Wie Gott führt, muss unter dem Gesichtspunkt beurteilt werden, dass der Weg zu ihm und nicht zu irgendwelchen irdischen Zielen führt. „Wenn Gott unsere Wege leitet, dann führen sie zu ihm. Gottes Wege führen zu Gott. Gott leitet uns durch Glück und Unglück – immer nur zu Gott. Daran erkennen wir Gottes Wege“, heißt es in den Andachtshilfen zu den Herrenhuter Losungen vom Mai 1944 (DBW 8, 651). „Gott führe uns freundlich durch diese Zeiten“, schreibt er einen Tag nach dem gescheiterten Attentat an Eberhard Bethge, „aber vor allem führe er uns zu sich“ (DBW 8, 543). Dass der Tod uns zur Begegnung mit „Gottes Angesicht“ führt und darum als „höchstes Fest auf dem Wege der ewigen Freiheit“ verstanden werden muss, wie es am Ende des Gedichtes „Stationen auf dem Wege der Freiheit“ heißt (vgl. DBW 8, 572), lässt die Hoffnung auf das ewige Leben zu einer Säule der Gewissheit der guten Führung des Lebens durch Gott werden. Nur so kann man es verstehen, dass Bonhoeffer zu beten vermag: „Ich verstehe Deine Wege nicht, aber Du weißt (den) rechten Weg für mich“ (DBW 8, 205). Und noch klarer: „Ich traue Deiner Gnade und gebe mein Leben ganz in Deine Hand. Mach Du mit mir, wie es Dir gefällt und wie es gut für mich ist. Ob ich lebe oder sterbe, ich bin bei Dir und Du bist bei mir mein Gott. Herr ich warte auf Dein Heil und auf Dein Reich“ (DBW 8, 208).
Drittens: der Glaube an Gottes Führung wird durch Ohnmacht und Leiden gestärkt. Dass Gott führt, bedeutet auch, er führt, wohin wir nicht wollen. „Solche Dinge“ wie Verhaftung mit ihrer tödlichen Bedrohung, schreibt Bonhoeffer an Hans von Dohnanyi, „kommen von Gott und von ihm allein, ich weiß [...], daß es vor ihm nur Unterwerfung, Ausharren, Geduld – und Dankbarkeit gibt. Darum verstummt jede Frage nach dem ‚Warum’, weil sie ihre Antwort gefunden hat“ (DBW 8, 59). „Du hast mir viel Gutes erwiesen, laß mich nun auch das Schwere aus Deiner Hand hinnehmen. Du wirst mir nicht mehr auferlegen, als ich tragen kann“ (DBW 8, 205), betet Bonhoeffer in den Gebeten für Gefangene. Wenn wir Ohnmachtserfahrungen machen, dann hat das sogar etwas Befreiendes. Es bildet sich dann das Bewusstsein, dass unser „Leben in bessere und stärkere Hände gelegt ist“ und dass es darauf ankommt, sich diesen Händen anzuvertrauen, wie Bonhoeffer es in dem Gedicht: „Stationen auf dem Wege zur Freiheit“ formuliert hat:
... ohnmächtig einsam sieht du das Ende
deiner Tat. Doch atmest du auf und legst das Rechte
still und getrost in stärkere Hand und gibst dich zufrieden (DBW 8, 208).
Viertens: Gottes Führung begründet ein tätiges Leben. Das Hinnehmen der Ohnmacht und des Leidens ist nicht Ausdruck eines fatalistischen Quietismus. Es gehört in den Kontext eines tätigen Lebens. Bonhoeffer macht das an der Stelle in den Gefängnisbriefen deutlich, die Eberhard Bethge veranlasst hat, sie unter die Überschrift „Widerstand und Ergebung“ zu stellen. „Ich glaube“, sagt Bonhoeffer da, „wir müssen das Große und Eigene wirklich unternehmen, [...] wir müssen dem ‚Schicksal’ ebenso entschlossen entgegentreten, wie wir uns ihm zu gegebener Zeit unterwerfen. Von ‚Führung’ kann man erst jenseits jenes zwiefachen Vorgangs sprechen. Gott begegnet uns nicht nur als Du, sondern auch ‚vermummt’ im ‚Es’ und in meiner Frage geht es also im Grunde darum, wie wir in diesem ‚Es’ das ‚Du’ finden, [...] wie aus dem ‚Schicksal’ wirklich ‚Führung’ wird (!). Die Grenzen zwischen Widerstand und Ergebung sind also prinzipiell nicht zu bestimmen, aber es muß beides da sein und beides mit Entschlossenheit ergriffen werden. Der Glaube fordert dieses bewegliche, lebendige Handeln“ (DBW 8, 333f). Es gibt also keine Führung an sich, so dass Bonhoeffer an einer anderen Stelle sagen kann, es sei nicht gut, „allzu schnell und ergeben von Gottes Willen und Führung zu reden“ (DBW 8, 73). Der Glaube ist die jeweils aktuelle Befähigung, die Gewissheit von Gottes Führung zu fassen und von ihr zu reden.
Fünftens: „Führen“ kann nur der Gott, der schon geführt hat. An dieser Stelle schließt sich der Führungsglaube dann mit der Christuserfahrung zusammen. Denn Christuserfahrung heißt, aus der Situation der Sünde in die Situation des Glaubens geführt werden. Bonhoeffer kann an dieser Stelle auch einem Gedanken Raum geben, der sich seit jeher mit dem Vorsehungsglauben verbunden hat, nämlich dass Gott uns durch das Leiden zur Demut erziehen will. „Wen Gott durch schwere Lebenserfahrung, durch Krieg und Entbehrung züchtigt“, sagt er in der Auslegung von Losung und Lehrtext Psalm 94,12.13. und Gal 5,22, „ der lernt, daß er von Gott nichts zu verlangen hat, bis Gott sich wieder freundlich zu ihm kehrt, und er weiß, daß diese Stunde kommt [...] im Ertragen der Züchtigung und im Gehorsam gegen Gottes Gesetz wissen wir uns in der Erziehung Gottes (!) und sagen: wohl dem, dem das widerfährt“ (DBW 8, 652).
Sechstens: Der Glaube an Gottes Führung vollzieht sich in der Freiheit eines Christenmenschen. „Ob die menschliche Freiheit eine Sache des Glaubens ist oder nicht, entscheidet sich“ nach Bonhoeffer einerseits daran, „ob der Mensch sein Leiden als eine Fortsetzung seiner Tat, als eine Vollendung seiner Freiheit versteht oder nicht“ (DBW 8, 549). Sind die Hände aber nicht gebunden, dann gibt gerade der Glaube andererseits dem Handelnden, der Gottes Gebot als Aufruf zu konkreter Tat hört, Entschlossenheit im Handeln. Ist der Glaube nicht da, dann hat das „ein glaubensloses Hin- und Herschwanken, ein endloses Beraten ohne Handeln, ein Nichts-wagen-Wollen“ zur Folge „Ich muß“, setzt er dagegen, „die Gewißheit haben können, in Gottes Hand zu sein und nicht in Menschenhänden. Dann wird alles leicht, auch die härteste Entbehrung“ (DBW 8, 552).
Siebentens: Auch Menschen, die „religionslos“ leben, gilt Gottes Führung. Der Glaube an den Gott der Führung strukturiert das Leben der Glaubenden in ihrer Selbstwahrnehmung zu „Stationen“ auf einem Wege, der jedes Menschen besonderer Lebensweg ist, dem keiner einem anderen abnehmen kann. In dem Sinne, wie Glaubende das in ihrem eigenen Leben wahrnehmen, kann man das von „Religionslosen“ sicherlich nicht sagen. Das bedeutet aber nicht, dass sie von Gott verlassen sind. Christus gibt ihnen die Welt zum tätigen, mündigen Leben frei und – so würde ich sagen – wartet darauf, dass sie seine Führung wahrnehmen. Die Christenheit aber verleiht diesem Warten Ausdruck und Nachdruck. Sie wartet mit Christus, wacht mit ihm in Gethsemane, indem sie – in Gestalt aller Einzelnen – mitten unter die Religionslosen geführt wird und an ihrem weltlichen Leben teilnimmt.
Am selben Tage, nämlich am 08.06.1944, an dem der große Brief über „Christus und die mündig gewordene Welt“ geschrieben ist, „flossen“ Bonhoeffer (wie er sagt) in Auslegung von 1.Petr 3,9 folgende Worte „in die Feder“: „Das war die Antwort Gottes auf die Welt, die Christus ans Kreuz schlug: Segen [...] Segnen, das heißt die Hand auf etwas legen und sagen: du gehörst trotz allem Gott. So tun wir es mit der Welt, die uns solches Leiden zufügt. Wir verlassen sie nicht, wir verwerfen, verachten, verdammen sie nicht, sondern wir rufen sie zu Gott, wir geben ihr Hoffnung, wir legen die Hand auf sie und sagen: Gottes Segen komme über dich“ (DBW 8, 657).
Vielleicht versteht man Bonhoeffers Frage danach, wie Christus der Herr auch der derjenigen „Religionslosen“ sein, die Gott vergessen haben, am Besten als Ermutigung zu diesem Segnen.
Literatur:
Dietrich Bonhoeffer Werke, hg. von Eberhard Bethge, Ernst Feil, Christian Gremmels, Wolfgang Huber, Hans Pfeifer, Albrecht Schönherr, Heinz Eduard Tödt, Band 1 - 17 München/Gütersloh 1987 – 1999 (Abk.: DBW)
daraus von Bonhoeffer selbst veröffentlichte Bücher:
- DBW 1: Sanctorum communio. Eine dogmatische Untersuchung zur Soziologie der Kirche (1930)
- DBW 2: Akt und Sein. Transzendentalphilosophie und Ontologie in der systematischen Theologie (1931)
- DBW 3: Schöpfung und Fall. Theologische Auslegung von Genesis 1-3 (1933)
- DBW 4: Nachfolge (1937)
- DBW 5: Gemeinsames Leben (1939)
- DBW 5: Das Gebetbuch der Bibel (1940)
von Bismarck, Ruth-Alice/ Kabitz, Ulrich (Hg.), Brautbriefe Zelle 92, Dietrich Bonhoeffer. Maria von Wedemeyer. 1943-1945, München 1992
Sekundärliteratur (Bibliographien):
Feil, Ernst (Hg.), Internationale Bibliographie zu Dietrich Bonhoeffer, Gütersloh 1998
Bonhoeffer Jahrbuch 2003, München/Gütersloh 2003, 155-180
Bonhoeffer Jahrbuch 2, 2005/2006, Gütersloh 2005, 231-249
Bonhoeffer Jahrbuch 3, 2007/2008, Gütersloh 2008, 361-378
Bonhoeffer Jahrbuch 4, 2009/2010, Gütersloh 2010, 267-285
Bonhoeffer Jahrbuch 5, 2011/2012, Gütersloh 2012,
Biographien:
Bethge, Eberhard, Dietrich Bonhoeffer. Christ. Theologe. Zeitgenosse, Gütersloh 92005
Marsh, Charles, Strange glory. A life of Dietrich Bonhoeffer, New York 2014
Metaxas, Eric, Bonhoeffer. Pastor, Agent, Märtyrer und Prophet, Holzgerlingen 2011
Morawska, Anna, Dietrich Bonhoeffer. Ein Christ im Dritten Reich, Münster 2011
Tietz, Christiane, Dietrich Bonhoeffer. Theologe im Widerstand, München 2013
Schlingensiepen, Ferdinand, Dietrich Bonhoeffer 1906-1945. Eine Biographie, München 42007