Kategorie: Vorträge
Der Glaube an den einen Gott im Judentum, Christentum und Islam
Vortrag im Rahmen der Bornstedter Sonntagsgespräche Potsdam am 17.10.2010
1. Drei Religionen – ein Gott?
Der Islam bzw. seine Einschätzung in unserem Lande sorgt derzeit für eine nicht geringe Aufregung. Erst hatte Thilo Sarazin in seinem Buche „Deutschland schafft sich ab“ die Integrationsfähigkeit der angeblich über 4 Millionen Muslime in unserem Lande in Frage gestellt und das mit einer fragwürdigen Inanspruchnahme von Vererbungstheorien begründet. Dann hat der Bundespräsident Christian Wulff in seiner Rede aus Anlass der Feier des 20. Jahrestages der deutschen Einheit den Satz gesprochen: auch „der Islam gehört zu Deutschland“. Sofern damit gemeint war, auch die eingewanderten Muslime aus verschiedenen Ländern, die hier leben und wirken, gehörten zu Deutschland, ist dagegen nichts zu sagen. Indem Wulff aber von „dem Islam“ geredet hat, hat er den Eindruck erweckt, die Religion des Islam gehöre zu den kulturellen, den ethischen und ästhetischen Grundlagen unserer Gesellschaft. Er hat sich damit vergleichbar viele Proteste eingehandelt, wie Sarazin aus umgekehrtem Grunde. Während dem einem vorgeworfen wird, er wolle die Menschen muslimischen Glaubens diskreditieren, wird dem anderen unterstellt, er befördere eine von vielen befürchtete Islamisierung und damit eine Verfremdung unserer Gesellschaft und Kultur.
Kaum eine Rolle spielt in dieser erregten Diskussion aber die religiöse Grundlage des Islam, d.h. der besondere Charakter des Gottesglaubens der Muslime. Was Probleme bereitet und was diskutiert wird, sind die kulturellen Eigentümlichkeiten, die sich mit diesem Glauben verbunden haben. Dazu zählen z.B. die Rechtsauffassungen der Scharia, das Verständnis der Rolle der Frauen und mancherlei bei uns befremdliches Brauchtum. Mit diesem Befremdlichen verbinden sich soziale und bildungspolitische Probleme und Konflikte mancher muslimischer Bevölkerungsgruppen, die wir in Berlin hautnah zu spüren bekommen. Ich gehe heute auf das Alles nicht ein und verweise stattdessen auf die Handreichung der Evangelischen Kirche in Deutschland „Klarheit und gute Nachbarschaft“ von 2006, an der ich mitgearbeitet habe und in der zu den Problemen der gesellschaftlichen Integration, der kulturellen und ethischen Besonderheiten des Lebens der Muslime ausführlich Stellung bezogen wird.
Unsere Fragestellung heute ist ein andere. Sie lautet: Können die christlichen Kirchen nicht dazu beitragen, dass die Gemeinsamkeiten und Berührungen des Gottesglaubens im Judentum, im Christentum und im Islam zu einer Quelle der Verständigung und des guten Zusammenlebens von Juden, Christen und Muslimen in unserer Gesellschaft werden? Denn schließlich eint sie im Unterschied zu anderen Religionen etwas Fundamentales. Sie sind monotheistische Religionen; Religionen, die an nur einen außerweltlichen Gott glauben. Mehr noch: Sie haben diesen Glauben auf der Grundlage der gleichen religiösen Traditionen gewonnen.
Der Monotheismus, der sich – historisch gesehen – im 6. Jahrhundert vor Christus in Israel ausbildete, ist das Charakteristikum des jüdischen, des christlichen und des muslimischen Gottesglaubens. Die alttestamentliche Tradition hat das Entstehen dieses Monotheismus in graue Urzeiten zurück projiziert und dem Glauben eines Urvaters Israels zugeschrieben. Das ist Abraham. Sowohl das Judentum wie das Christentum wie der Islam berufen oder beziehen sich auf diesen Urvater, wenn sie die Wurzeln ihres monotheistischen Gottesglauben benennen. Sie werden deshalb in der Religionswissenschaft auch „abrahamitische“ Religionen genannt. Für uns als christliche Gemeinde klingt diese Bezeichnung sicher ungewöhnlich. Denn obwohl Paulus Abraham den „Vater aller Glaubenden“ nennt und das Neue Testament verschiedentlich auf die Frömmigkeit Abrahams zu sprechen kommt, weist der Name Jesus Christus die christliche Identität aus. Dennoch ist nicht in Abrede zu stellen, dass Judentum, Christentum und Islam mit ihrem auf Abraham zurück geführten Monotheismus Religionen eines gleichen Typos sind.
Sie verneinen gemeinsam den Polytheismus, d.h. die religiöse Vorstellung, dass unsere Welt von Göttern oder göttlichen Naturmächten durchwaltet sei. Der Monotheismus hat die Welt „entgöttert“, indem er den einen Gott ganz jenseitig verstand, sagen die Theologie und die Religionswissenschaften. Im Glauben an den einen außerweltlichen Gott ist diese Welt nichts als Welt; Gottes Schöpfung im Unterschied zu Gott, der kein Teil der Welt ist. In dieser religiösen Anschauung steckt ein großes Potential der Freisetzung von menschlicher Verantwortlichkeit für diese Welt. Die monotheistischen Religionen sind welthistorisch betrachtet der Nährboden für das Entstehen freier Erkenntnis der Gesetzmäßigkeiten dieser Welt, also der Naturwissenschaften. Sie sind Triebkraft einer Ethik, in der Menschen von Gott aufgerufen sind, für die von ihm geschaffene Welt Verantwortung zu übernehmen.
Eigentlich und bisschen abstrakt gesehen setzt also das gemeinsame Wesen der monotheistischen, „abrahamitischen“ Religionen phantastische Möglichkeiten frei, sich bei Aufgaben der Gestaltung von Gottes Schöpfung und des menschlichen Zusammenlebens miteinander zu verbünden. Der Islam hat in seiner Blütezeit vor der Jahrtausendwende unter Beweis gestellt, welche wissenschaftliche und kulturelle Energie in ihm steckt. Wir bewundern das noch heute in Südspanien und an anderen Orten der muslimischen Welt. Warum diese Energie erschlafft ist und der Islam heute als eine Religion erscheint, die sich nur mühsam in den Entwicklungen der wissenschaftlich-technischen Welt und den dadurch ausgelösten Veränderungen des Menschenbildes zurecht findet, ist eine Frage, an der sich wissenschaftliche Untersuchungen die Zähne ausbeißen. Jedenfalls ist es nicht zur gemeinsamen Inanspruchnahme jener Möglichkeiten verantwortlicher Weltgestaltung durch die drei monotheistischen Religionen gekommen. Die Geschichte hat diese drei miteinander verwandten Religionen vielmehr nachhaltig gegeneinander getrieben. Antisemitismus in der Christenheit, Verketzerung der Muslime, gewaltsame Ausbreitung des Islam und Kreuzzüge haben unvernarbte Wunden in ihr Verhältnis zueinander geschlagen. „Ewiger Zwist“ um den „stärkeren Gott“ hat der „Spiegel“ hat in seiner Weihnachtsausgabe 2009 dieses Verhältnis genannt.
Das ist sicherlich eine falsche Beschreibung, sofern sich Juden, Christen und Muslime gemeinsam auf den in der Bibel bezeugten einen Gott beziehen und nicht auf verschiedene „starke“ oder „stärkere“ Götter. Es ist aber richtig, sofern die Art und Weise, in der sie das tun, zur Abgrenzung gegeneinander führt. Das Judentum bestreitet den christlichen Glauben, dass Gott in seinem Sohne Jesus Christus in die Welt gekommen sei. Das Christentum bestreitet dem Judentum die Meinung, dass die Christusoffenbarung mit dem Glauben an den Gott Israels unvereinbar sei. Der Islam hält das Judentum und das Christentum für eine Verfälschung der wahren Gottesverehrung Abrahams, während Judentum und Christentum zusammen dem Islam eine fälschliche Inanspruchnahme alttestamentlicher und neutestamentlicher Traditionen vorhalten. Um uns in diesem Gestrüpp von wechselseitigen und sich überkreuzenden Anschuldigungen und Abgrenzungen zurecht zu finden, tun wir gut daran, ein paar nüchterne Feststellungen zu treffen.
2. Besonderheiten der Gottesverehrung in den drei „abrahamitischen“ Religionen
Was zunächst das Verhältnis des Christentums zum Judentum betrifft, so können wir heute nur mit Beschämung, ja angesichts des holocaust nur mit Entsetzen auf das blicken, was Antisemitismus und Rassenhass hier angerichtet haben. Dadurch ist bis zur Unkenntlichkeit verdunkelt worden, dass das Judentum für das Christentum streng genommen keine andere Religion ist. Es gehört mit seinem Glauben an den das Volk Israel zum Bunde mit sich erwählenden Gott unlöslich mit der Geschichte des Christentums zusammen. Der Jude Jesus prägt das unübersehbar ein. Das Judentum repräsentiert darum – wenn auch unter Ablehnung Jesu Christi – die bleibende Herkunft der Kirche aus Israel und die unwiderrufene Verheißung Gottes für dieses Volk (vgl. Römer 9-11). Im Gottes-, Welt- und Menschenverständnis sind Judentum und Christentum sich von Hause aus nahe. Die Texte des Judentums sind im Unterschied zu denen des Koran auch die Texte der christlichen Verkündigung. Das Gebetbuch das Psalmen übt Juden und Christen in das Sprechen mit Gott ein. Gottes Gebot, wie es in den 10 Geboten konzentriert ist, ist für Juden und Christen lebensorientierend. Auch wenn das Christentum das Alles ins Licht einer neuen Glaubenserfahrung stellt und es deshalb eine Rückkehr der Kirche aus Juden und Menschen aus allen Völkern zum Judentum nicht geben wird, sind jene Gemeinsamkeiten ein starkes Band. Es fest zu knüpfen und allem Antisemitismus das Wasser abzugraben, kann und muss heute ein wesentliches Anliegen aller Christinnen und Christen sein.
Mit dem Islam verbindet Judentum und Christen nicht ein vergleichbar starkes Band. Das hängt erstens damit zusammen, dass er ca 700 Jahre nach dem Auftreten Jesu Christi aufgrund der Offenbarungserfahrungen Muhammeds in Arabien entstanden ist. Er ist also eine zum Judentum und Christentum hinzu gekommene Religion. Zweitens hat Muhammed von den biblischen Traditionen sowohl des Alten wie des Neuen Testaments in einer Weise Gebrauch gemacht, die für Juden und Christen befremdlich ist. Sie führt im Endeffekt zur scharfen Ablehnung der zentralen Glaubenswahrheiten Israels und der Kirche. Dem Judentum wird bestritten, das erwählte Volk Gottes zu sein. Der christliche Glaube an die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus gilt dem Islam als Menschenvergötzung und der trinitarische Gottesglaube als Rückkehr zum Polytheismus.
Der Grund dafür ist, dass Muhammed beanspruchte, die ursprüngliche monotheistische Frömmigkeit Abrahams – der im Koran Ibrahim heißt – letztgültig zur Geltung zu bringen. Ibrahim gilt ihm erster Gerechter und Hanif (wahrhaft Gott hingegebener Muslim), weil er erkannte, dass es nur einen einzigen Gott gibt (Sure 2:135). Seine Gotteshingabe wurde von seinem ältesten Sohn bewahrt, den er mit seiner Magd Hagar gezeugt hatte. Das war Ismael, den Muhammad als Stammvater der Araber verstand und auf den er selbst auch seine Abstammung zurück führte. Ismael ist es denn auch (und nicht Isaak wie im Alten Testament), den Gott nach dem Koran dem Ibrahim zu opfern befiehlt, um seinen Gehorsam zu prüfen. Als Ibrahim zu diesem Opfer bereit ist, erlässt Gott ihm die Tötung seines Sohnes. Stattdessen soll er einen Widder opfern. Das rituelle Opfern von Schlachtvieh und das islamische Opferfest vergegenwärtigen diesen Vorgang.
Auf Ibrahim wird auch die Wallfahrt nach Mekka zur Kaaba, einem schwarzen Stein (wahrscheinlich ein Meteorit) zurückgeführt. In vorislamischer Zeit war das eine Kultstätte verschiedener altarabischer Gottheiten. Nach muslimischen Verständnis ist es das erste monotheistische Gotteshaus, das der Prophet Adam errichtet hat und dann nach seiner polytheistischen Entfremdung von Ibrahim und schließlich von Muhammads erneuert wurde. Die Wallfahrt zur Kaaba, die 7 mal zu umrunden ist, gilt neben dem Glaubensbekenntnis („Ich bezeuge, dass es keine Gottheit außer Gott gibt und dass Mohammed der Gesandte Gottes ist“), dem rituellen Gebet, der Almosensteuer und dem Fasten als eine der 5 Säulen des Islam.
Wir können hier in der Kürze der Zeit nicht weiter schildern, wie das Alles im Koran, in der Sunna (Geschichten aus dem Leben Muhammads) und in der auslegenden Tradition weiter entfaltet wird und sich in die verschiedenen muslimischen Richtungen differenziert hat. Unsere Frage ist ja: Erkennen wir in der muslimischen Gotteshingabe noch den Gott des Alten und des Neuen Testaments, so dass im Glauben an ihn auch ein belastungsfähiges religiöses Band zwischen Judentum und Christentum einerseits und Islam andererseits gegeben ist?
3. Gemeinsame Ziele
Es gibt heute nicht unwesentliche Strömungen in der evangelischen und in der römisch-katholischen Theologie, welche die Berufung der Muslime auf die Gestalt Abrahams theologisch sehr hoch anbinden. Es sei derselbe Gott, der unter Berufung auf Abraham im Judentum, im Christentum und im Islam Verehrung findet, wird dabei geltend gemacht. Es sei zu würdigen, dass die Muslime einige alttestamentliche Propheten und auch Jesus als Künder des wahren monotheistischen Gottesglaubens und Vorläufer Muhammads anerkennen. Sie teilen darüber hinaus mit dem Judentum und dem Christentum wesentliche Konkretionen des Glaubens an den einen Gott. Er wird als Schöpfer der Welt und als Weltenrichter am Ende der Zeiten verstanden.
Das Alles berechtigt nach der Überzeugung z.B. von meinem katholischen Kollegen Hans Küng in Tübingen oder von meinem evangelischen Kollegen Berthold Klappert in Wuppertal, eine „abrahamitische Ökumene“ anzustreben, die sich im Bekenntnis zum Gott Abrahams, Isaaks und Ismaels zusammen findet. Die rheinische Landeskirche hat sich unter der Federführung unseres jetzigen Bischofs Markus Dröge im vorigen Jahre auf den Weg gemacht, in einer freilich etwas verschwommenen „Arbeitshilfe“ dergleichen Ökumene in unserer Evangelischen Kirche heimisch werden zu lassen.
Doch zunächst einmal ist der Begriff „Ökumene“ ungeeignet, das Verhältnis der drei monotheistischen Religionen auf einen Nenner zu bringen. „Ökumene“ ist ein christlicher Begriff und meint einen Verständigungsprozess zwischen den christlichen Konfessionen, der zur Einheit Bekennens an Gott in Jesus Christus und zu gemeinsamer kirchlicher Praxis führt. Von solcher Einheit des Bekennens kann in Bezug auf den Islam nicht die Rede sein. Im Koran wird nicht nur das trinitarische Gottesbekenntnis und die Gottessohnschaft Jesu Christi bestritten, sondern auch der Tod Jesu am Kreuz. Sowohl das Judentum wie das Christentum unterliegen trotz der Anerkennung einiger alttestamentlichen Propheten und Jesu als Vorläufer des Propheten Muhammad dem definitiven Urteil, Verfälschungen des wahren Ein-Gott-Glaubens Abrahams zu sein. Die Dialoge mit Vertretern des Islam und auch die jüdisch-christlich-muslimischen „Trialoge“ haben nicht erkennen lassen, dass sich an diesem Urteil etwas ändern wird. Das Herzstück des christlichen Glaubens ist von muslimischer Seite nicht mit dem Glauben Ibrahims zu reimen. Auf der anderen Seite sind die Hinzufügungen zum biblischen Zeugnis und seine eigenartigen Umdeutungen, die sich im Koran finden, so gravierend, dass sie schwerlich mit der Grundlage des christlichen Glaubens, der Bibel, zusammen stimmen.
Dennoch bleibt es dabei, dass die Muslime – vermittelt durch die Abraham-Tradition – denselben Gott meinen. Judentum, Christentum und Islam sind sich darum zusammen näher als anderen Religionen. Von einem gemeinsamen Glauben im eigentlichen Sinne des Begriffs kann aber schwerlich die Rede sein. So wie im Christentum an Gott geglaubt wird, können die Muslime eben nicht auf Gott vertrauen, ihr Herz an ihn hängen und Zuflucht zu ihm haben in allen Nöten (M.Luther). Angemessen ist es vielmehr zu sagen: Es gibt Berührungspunkte und strukturelle Ähnlichkeiten zwischen beiden Glaubensformen, wie den Glauben an den einen welttranszendenten Gott, den Schöpfer und Richter. Diese Berührungspunkte und Ähnlichkeiten können es muslimischen Gemeinschaften und den Kirchen ermöglichen, gemeinsame Ziele verfolgen. Ich denke da z.B. an die Verantwortung für Gottes Schöpfung. Denn im muslimisch und im christlich geprägten Glauben Abrahams ist das Anliegen verankert, diese Welt vor aller Vergötzung von Irdischem zu beschützen und sie als Schöpfung Gottes so zu bebauen und bewahren, dass menschliches Leben in Dankbarkeit gegen den Geber des Lebens aufblühen kann, wie in den maurischen Gärten.
Vor allem aber ist es meine Hoffnung, dass die Rückbesinnung auf den Glauben Abrahams ein Anstoß werden möge, mit denen Traditionen der Gewalt und der Intoleranz zwischen beiden Religionen überzeugend zu brechen. Abraham, den der Jakobusbrief mit einem Jesajazitat wegen seiner Werke der Liebe einen „Freund Gottes“ nennt (Jakobus 2, 23), sollte auch die Muslime ermutigen, die Texte, die im Koran zur Bekämpfung der Ungläubigen aufrufen, gegenüber denen hintanzustellen, die zum friedlichen Zusammenleben mit Juden und Christen aufrufen. Den Glauben an Gott kann man auch nach der Überzeugung des Koran niemals erzwingen. Der Anspruch auf Wahrheit kann in jeder Religion überhaupt nur in der Kraft eines menschenfreundlichen Geistes unter Beweis gestellt werden, der Gottes Geschöpfen kein Leid antut. Herrscht dieser Geist, der in allen drei monotheistischen Religionen anzutreffen ist, dann kann der Streit um die Wahrheit zwischen den Religionen ein edler Streit in einem Dialog werden, der von Respekt und Achtung vor den Menschen einer anderen Religion getragen ist.
Ich will schließen, indem ich als ein Theologe, der im Osten Deutschlands beheimatet ist, dem ausschließlich westlich geprägten Bemühen um die muslimisch-christliche Verständigung eine mehr persönliche Erfahrung hinzufüge. Im Osten Deutschland verstehen sich auch 20 Jahre nach 4 Jahrzehnten einer atheistischen Weltanschauungsdiktatur drei Viertel der Bevölkerung als Atheisten. In manchen Teilen von Berlin sind es sogar ca 95 %. Das Merkmal dieser Atheisten ist, dass sie alle Religion für überholten Aberglauben halten und darum zwischen der Kirche und den Muslimen keinen Unterschied machen. Es wäre darum gut, wenn sich die Muslime in unserem Lande auch dessen bewusst sein könnten, dass sie gemeinsam mit den Gliedern der Kirche Verantwortung dafür tragen, wie sich Religion im Gegenüber zu den Atheisten darstellt. Das Gespräch über Abrahams Glauben an den einen Gott sollte deshalb in unserem Lande nicht nur am Leitfaden von Fragestellungen der Vergangenheit religiös in sich selbst kreisen. Es sollte bei allen Differenzen, die bleiben, vielmehr drauf zielen, Menschen, die Gott vergessen haben, überzeugend zum Glauben an Gott zu reizen.