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Beflügelt
„angesagt“ zum Wochenspruch Römer 8,14 (Die Kirche 2/2013)
Ausnahmsweise hat Luther hier einen Text nicht gut übersetzt. Wörtlich stimmt’s zwar. Aber die Vorstellung, dass uns jemand „treibt“, bereitet doch Unbehagen. Wir denken da an eine Hammelherde. Uns fällt ein Chef ein, der zur Arbeit antreibt. Wir denken an Eltern, die ihre Kinder „auf Trab“ halten, damit sie sich als brave Spiegelbilder der Wünsche von Mutti und Vati beweisen. Doch sei es nun so oder so: Getrieben werden macht unfrei. Das aber ist das Gegenteil von dem, was der Paulus sagen will.
Wir müssen die Erläuterungen dazu nehmen, die er unserem Satz gegeben hat. Dann lautet er: „Welche der Geist Gottes beflügelt, die sind Gottes Kinder“. Gottes Kinder kennen nämlich keinen krummen Rücken. Die haben einen aufrechten Gang und einen freien Geist. Die trauen sich zu, was sich Jesus getraut hat (Markus 14, 36). Sie sagen zu Gott „Abba“ (Römer 8, 15).
Das ist ein Wort aus der Kindersprache. Es bedeutet tatsächlich „Papa“ oder gar „Papi“. Unsere Kirche hat mit dieser zärtlich-kindlichen Anrede Gottes immer Schwierigkeiten gehabt. Der allmächtige Schöpfer des Himmels und der Erden ist doch kein „Papi“! „Lieber Vater“ hat Luther deshalb auch die Anrede „Abba“ etwas ehrfurchtsvoller formuliert.
Von Gottes Geist inspiriert aber ist die Sorge, wir könnten Gott zu nahe treten, wenn wir ihn „Abba“ nennen, unbegründet. Denn nicht immer ferner, sondern immer näher ist er unser Gott. Er berührt unser Herz. Er beflügelt darum auch die Sprache des Herzens.