Artikel
< Provozierende Begleiterin
28.05.2014 15:32 Age: 10 yrs
Category: Artikel

Ein Wort genügte

Die Synode der Bekennenden Kirche in Barmen trotzte 1934 den religiös verbrämten Nazis mit einer Theologischen Erklärung (Die Kirche 22 2014)


„Prüfet die Geister, ob sie von Gott sind“! Mit diesem Aufruf an die Gemeinden ist die „Theologische Erklärung zur gegenwärtigen Lage der Deutschen Evangelischen Kirche“ am 31. Mai 1934 veröffentlicht worden. Ein solches Prüfen war dringend nötig. Denn die religiös verbrämten Nazis – die „Deutschen Christen“ – waren drauf und dran mit ihrem Rassismus und Führerkult die deutschen Kirchen zugrunde zu richten. Dem hat die Synode der Bekennenden Kirche in Barmen im Hören auf die Bibelsechs "evangelische Wahrheiten" entgegen gestellt. Die erste dieser "Wahrheiten" heißt: 

„Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben.“ Darum wird die „falsche Lehre“ verworfen, „als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer Verkündigung neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen“.

Damit wurde die Ausbreitung eines "arischen Christentums" gestoppt. Das war nach den "Richtlinien der Deutschen Christen" von 1932 ein "Christusglaube, wie er deutschem Luthergeist und heldischer Frömmigkeit entspricht". "Rasse, Volkstum und Nation" wurden als "von Gott geschenkte und anvertraute Lebensordnungen" verstanden. Darum sollte der "Rassenvermischung" entgegen getreten werden. Die Forderung lautete: "Schutz des Volkes vor den Untüchtigen und Minderwertigen. Insbesondere ist die Eheschließung zwischen Deutschen und Juden zu verbieten."

 Dass die Barmer Synode der Ausbreitung dieser furchtbaren Ideologie in der Kirche einen Riegel vorgeschoben hat, finden heute alle gut und wichtig. Dennoch machen sich nicht alle Evangelischen Kirchen die erste Barmer These zu Eigen. Sie ist ihnen zu grundsätzlich. Gott kann sich auch in anderen „Ereignissen und Mächten, Gestalten und Wahrheiten“ als in Jesus Christus offenbaren, meinen sie (wenn auch nicht gerade in „Rasse“ und „Volkstum“). Damit haben sie auch nicht ganz Unrecht. Denn natürlich ist Gott in der Kraft seines Geistes Menschen in anderen Religionen und selbst Atheisten gegenwärtig. Wir können überall Zeichen und Spuren seiner Menschenfreundlichkeit entdecken. Es gibt mehr Freundinnen und Freunde Jesu Christi auf der Welt als wir denken. 

Das jedoch schließt „Barmen 1“ überhaupt nicht aus. Verneint wird, dass solche Zeichen und Spuren zur „Quelle der Verkündigung“ der Kirche werden. Mir ist auch nicht bekannt, dass jemand „Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten“ entdeckt hat, die mich veranlassen könnten, ihnen „im Leben und Sterben zu vertrauen und zu gehorchen“. Die erste These von Barmen gibt uns vielmehr einen Maßstab an die Hand, mit dem wir prüfen können, ob dergleichen „von Gott“ ist. Sie hilft uns, wache Christinnen und Christen in unserer religiös und weltanschlich vielfältigen Gesellschaft zu sein. Sie befähigt uns, Gottes Bejahung aller Menschen – wo immer sich dafür ein Anhaltspunkt findet – groß zu machen.

Ich finde es darum gut, dass die EKBO eine Kirche ist, die in ihrer Grundordnung erklärt, dass sie „die Theologische Erklärung von Barmen als ein schriftgemäßes, für den Dienst der Kirche verbindliches Bekenntnis“ bejaht. Das schließt Kritik an „Barmen“ nicht aus. Bekenntnisse der Kirche müssen immer daran gemessen werden, ob sie aktuell dem Geist der Bibel dienen. Das Schweigen zur Judenverfolgung und die Fixierung auf die Selbsterhaltung der Kirche sind die Grenzen dieses Bekenntnisses, die wir heute überschreiten müssen. „Barmen I“ ist ein gutes Bekenntnis, weil es uns zu diesem Überschreiten selbst Mut macht.